Gedenkstein für Willi Schröder auf dem Nachtigallenberg

Der Gedenkstein am Weg zwischen Gymnasium und Hansenstraße
erinnert an Willi Schröder, einen Antifaschisten, der am 09.02.1897 in
Schorrentin bei Neukalen geboren wurde und am 27.10.1944 im
Konzentrationslager Sachsenhausen starb. Der Sohn eines Land- und
Hafenarbeiters besuchte die Schule in Rostock, als Soldat des I.
Weltkrieges verwundet; beteiligte sich an der Novemberrevolution 1918;
Mitglied der USPD; wurde um 1924 zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt;
baute nach seiner Entlassung in Mecklenburg den Rotfrontkämpferbund
auf; als Mitglied der KPD 1929 - 1933 im Kampf gegen den erstarkenden Hitlerfaschismus;
1929 und 1932 Mitglied des Landtages von Mecklenburg-Schwerin; war einer der
Vorsitzenden des sechsten Landtages; von 1927 - 1933 im Rostocker Stadtparlament; war
mit führend bei der Organisation des Widerstandes gegen die Nazidiktatur; 1933 verhaftet
und 1935 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt; nach Haft in Bützow-Dreibergen ab 1937 bis
zu seinem Tod im KZ Sachsenhausen. Der FDJ Grundorganisation der EOS „John
Brinckman“ wurde 1969 der Name „Willi Schröder“ verliehen.

Unsere Studien zu Denkmalen führten uns zu der Erkenntnis, dass derselbe Stein
ursprünglich die Inschrift Ernst Lintz 1868 – 1909 trug. Der Stein wurde
zunächst anlässlich des Todes von Ernst Lintz, der damit als
verdienstvolles Mitglied der Güstrower Schützenzunft geehrt
wurde, vor der Südseite des damaligen Schützenhauses aufgestellt. Die
Jahresdaten benannten, nach Informationen des Urenkels des Geehrten,
Herrn Christian Lintz aus Celle, den Zeitraum der Zugehörigkeit des Hof-
Maurermeisters zur Güstrower Schützenzunft von 1441. Ernst Lintz war
auch Vorstand der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Güstrow und Vorsitzender des
Landesfeuerwehrverbandes sowie Bruder der Güstrower Freimaurer-Loge „Phoebus
Apollo“. Diese Bruderschaft bestellte 1880 einen Bechstein-Flügel für das Logenhaus, der
1884 ausgeliefert wurde und 120 Jahre im gleichen Raum stand. In dem Zeitraum von
2004 bis 2005 ermöglichte sein Urenkel, Christian Lintz aus Celle, die Reparatur des
Flügels durch das Piano-Haus Kunze aus Alt Meteln.
Wir konnten durch Befragung eines Anwohners erfahren, dass der Stein nach dessen
Erinnerung zuletzt ohne Sockel unbeachtet in der Nähe seines Gartengrundstückes am
östlichen Rand des damaligen Schützenplatzes lag. Dorthin war er nach unserer
Erkenntnis nach vorherigen achtlosen Umsetzungen von der GST geräumt worden. Von
dort war der Stein im Sommer 1978 von Mitgliedern der Patenbrigade aus der Schlosserei
im Düngerstreuerbau des VEB Landmaschinenbaus, im Rahmen der Patenschaftsarbeit
mit einer 10. Klasse (10N1 oder 10S) der Oberschule, zum Nachtigallenberg in die Nähe
des jetzigen Spielplatzes, transportiert worden. Die Patenklasse hatte die Jahresaufgabe,
eine Ehrung für Willi Schröder, dessen Namen die FDJ-Grundorganisation der EOS seit
1969 trug, mit der Errichtung eines Gedenksteins vor der Schule zum 25 jährigen Bestehen
der Schule vorzubereiten. Am 01.07.1978 wurde der Gedenkstein im Rahmen der
Festwoche zum 750. Stadt- und zum 25. Schuljubiläum vor der Schule eingeweiht. Die
Festrede hielt Dr. Klaus Sorgenicht, der nach dem Krieg der erste Bürgermeister
Güstrows war. 1978 war Dr. Sorgenicht Mitglied des Staatsrates und Leiter der Abteilung
Staats- und Rechtsfragen des Zentralkomitees (ZK) der Sozialistischen Einheitspartei
Deutschlands (SED).
Der Stein könnte zunächst für einen Findling gehalten worden sein, weil die alte Widmung
auf dem sicherlich stark verschmutzten Stein erst nach dessen gründlicher Reinigung
bemerkt, ignoriert und entfernt wurde. Diese Vorgehensweise widerspricht den
Grundsätzen im Umgang mit Zeugnissen der Zeitgeschichte.
Vorschlag: Für Ernst Lintz sollten Schützenverein und Freiwillige Feuerwehr wieder eine
Gedenktafel am Schützenhaus oder an dem ehemaligen Spritzenhaus errichten.