17.2.2 Nun zu den Anfängen der elektro-mechanischen Telekommunikation am 01.10.1854, dem Tag der Inbetriebnahme der Großherzoglichen Telegraphenstation, bis zur Beendigung des handvermittelten Fernsprechverkehrs im Durchgangs-Fernamt Güstrow am 10.09.1975.

Anlässlich der 775-Jahrfeier Güstrows im Jahre 2003 hatten wir uns bemüht, die Fernmeldegeschichte unserer Heimatstadt, als einen Beitrag zur Technikgeschichte in unserer Region, zu erforschen und aufzuschreiben. Die Ergebnisse unserer Nachforschungen zur Fernmeldegeschichte sind in der Studie

      „GÜSTROW UND DAS FERNMELDEWESEN“
durch uns niedergeschrieben worden und interessierten Mitbürgern bisher nur über Güstrower und Schweriner Archive und Bibliotheken zugänglich. Die Ausführungen auf dieser Webseite geben nur sehr verkürzt den Inhalt der beiden ca. 400 Seiten umfassenden Studien zur Güstrower Fernmeldegeschichte wieder.  
Bei der Suche nach den Anfängen der Telekommunikation in Güstrow machten wir die sehr interessante Entdeckung, dass das Zeitalter der Telekommunikation hier am 01.10.1854 mit der Inbetriebnahme der Großherzoglich Mecklenburgischen Staatstelegrafenstation, in der Baustraße 3, begann. Das hierzu im Landeshauparchiv aufgefundenen Material war nicht nur sehr umfangreich, sondern auch hinsichtlich der Sichtung und Bearbeitung sehr zeitaufwendig und wurde von uns daher, als ein wichtiger Komplex für eine gründliche Aufarbeitung, zunächst zurückgestellt.

Wir möchten nun mit unserer zweiten Studie

"DIE GESCHICHTE DER GÜSTROWER GROSSHERZOGLICH-MECKLENBURGISCHEN STAATSTELEGRAFEN-STATION" 
(150 Jahre Telekommunikation in Güstrow  

                          von 01.10.1854 – 01.10. 2004)

 - die entschlossene Mitwirkung der damaligen Güstrower Stadtvertreter würdigen, deren Anstrengungen im Auftrag der Güstrower Bürger bei der Errichtung des Telegrafenbüros und dessen 20-jährigen Betrieb an gleicher Stelle von wesentlicher Bedeutung waren, 

- an die technischen Entwicklungen in den Anfangsjahren der elektro-magnetischen Telegrafie  erinnern und unsere Erkenntnisse über die Entstehung und Betriebsweise der Telegrafenstation Güstrow darlegen,

 - das langjährige erfolgreiche Wirken des Telegrafenstationsvorstehers Gotthelf,  Heinrich, Wilhelm Meyen hervorheben, der von der Inbetriebnahme der Telegrafenstation 1854 bis zur Eingliederung des Güstrower Telegrafenwesens in den Postdienst 1877, 23 Jahre als Vorsteher der Telegrafenstation bzw. des späteren Telegrafenamtes II. Klasse in Güstrow tätig war.

 

  1. *)Telekommunikation, herkömmlich Nachrichtentechnik genannt, umfasst alle Techniken und Verfahren, die dem Austausch und der Verbreitung von Informationen über beliebige Entfernungen dienen. Dabei werden im Sender die Informationseinheiten codiert, in elektrische oder optische Signale umgewandelt, dann übertragen und schließlich am Empfangsort rückgewandelt. (Text Deutsches Museum München)

 

Unseren herzlichen Dank für die Unterstützung bei unseren Nachforschungen richten wir an:

- Frau Diplomarchivarin Buchta (Landeshauptarchiv  Schwerin),
- Herrn Jabs (Museum für Kommunikation Berlin),
- Frau Dipl.-Ing. Margrit Christensen (Büro für Bauforschung,     Gebäudevermessung und Sanierungsplanung, Lübeck)
- Frau Museologin Diekow-Plassa (Museum der Stadt Güstrow)
- Frau Bibliothekarin Heidler (Historische Bibliothek des Museum der  Stadt Güstrow)
- Frau Archivarin Soldwedel (Archiv der Stadt Güstrow)
- Herrn Prof. Dr. Wagner (Ingenieurpädagoge, Wien)


Pioniere des Telegrafenwesens

Steinheil entdeckte 1838 bei Versuchen an den Gleisen der Bayrischen Eisenbahn in Fürth die elektrische Leitfähigkeit des Erdbodens. Das bedeutete für die Telegrafie eine  wesentliche Vereinfachung und Kosteneinsparung.
Nachdem O’Etzel von den Versuchen des deutschen Physikers Steinheils erfuhr, der die Erde als elektrischen Leiter nutzte, setzte er sich nach weiteren eigenen Versuchen entschlossen für die Einführung der elektrischen Stromes zur Nutzung der Zeichenübertragung auf längeren Strecken ein. Er ersetzte einen Teil der optischen Telegrafenlinie durch eine elektrisch betriebene Telegrafenstrecke Berlin- Koblenz mit dieser neuen Technologie.
Im Februar 1849 kam es zwischen Preußen und dem Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin zu Verhandlungen über die Errichtung und Führung einer Staatstelegraphenverbindung entlang der 1846 errichteten Eisenbahnlinie Berlin-Hamburg, deren Trasse den südwestlichen Teil Mecklenburgs durchschnitt (Bahnhöfe Grabow, Ludwigslust und Hagenow) und mit Hagenow den nördlichsten Punkt im Lande hatte. Bereits ein halbes Jahr später, zum 01.05.1847, hatten die Mecklenburger die Anschlussbahn nach Schwerin fertiggestellt. Damit waren auch die Verläufe der künftigen Telegrafentrassen, wenn auch zu diesem Zeitpunkt unbeabsichtigt, festgelegt. In den Verhandlungen von 1849 ging es dem Mecklenburgischen Großherzogtum vordergründig darum, über eine Zwischenstation einen Zugang zum preußischen Telegrafennetz zu bekommen. Mecklenburgs Absicht, diese in Ludwigslust zu errichten, wurde von den Preußen wegen der zu erwartenden höheren Einrichtungskosten abgelehnt. (Die Herstellung einer Meile unterirdischer Linie erforderte damals Kosten von rund 1300 Taler, die einer Telegrafenstation 2300 Taler). Aus Kostengründen entschied man sich schließlich für die Zwischenstation in Hagenow, die schnell errichtet wurde.
Die Leitung des Telegrafenwesens in Mecklenburg wurde 1849 gebildet und bei der großherzoglichen Generalpostdirektion eingegliedert, die ihrerseits dem Finanzministerium unterstand.
Preußen gab als erster Staat auf dem europäischen Kontinent den Staatstelegrafen für den öffentlichen Verkehr frei.
1850 wurde der „Deutsch-Österreichische Telegraphen-Verein“ gegründet, der Preußen den Anschluss an das belgische, französische und englische Telegrafennetz ermöglichte.

 

Friedrich Franz II, von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr ec.

In landesväterlicher Fürsorge für alle zur Beförderung des Verkehrs in Unserem Lande gereichenden Anstalten haben Wir nicht länger anstehen mögen, auch unseren Unterthanen die mannigfaltigen Vortheile telegraphischer Coprrespondenz im Inlande und nach dem Auslande zugänglich zu machen,  und in dieser Unserer Ansicht die Angelegenheit eines electro-magnetischen Telegraphen längst der Mecklenburgischen Eisenbahn, einerseits von Schwerin nach Hagenow, zum Anschluß an die Königlich Preußischen Linien, mit der Seitenlinie von Schwerin nach Ludwigslust, andererseits von Schwerin nach Wismar und Rostock, beschlossen und die obere Leitung der Administration desselben einer besonderen Behörde unter dem Namen
                              Telegraphen-Direction
zu übertragen befohlen.

Nachdem der zunächst in Angriff genommene Bau der Linie  von Schwerin nach Hagenow und von Schwerin nach Ludwigslust gegenwärtig vollendet, die zu ihnen gehörigen Stationen hier und in Ludwigslust vollständig eingerichtet, inzwischen auch mit Unserer Genehmigung der Beitritt der diesseitigen Telegraphen-Verwaltung zum Deutsch- Oesterreichischen Telegraphen-Vereine erfolgt, wollen Wir die vorgedachten Linien vom 1sten kommenden Monats an für Jedermann zur Benutzung, unter Beobachtung der darüber publiciert werdenden Vorschriften, hiermit freigegeben haben.
Gegeben durch Unser Ministerium der Finanzen, Schwerin am 20sten März 1854
                                                      
                                Friedrich Franz II.

Am 31.März 1854 wurde der Telegrafenbetrieb in Mecklenburg für die Allgemeinheit eröffnet. Weiterhin verfügte der Großherzog Friedrich Franz II., dass das für den Telegrafendienst in Mecklenburg- Schwerin zuständige Finanzministerium die Einführung des „Reglements für den telegraphischen Verkehr auf den Linien des „Deutsch-Österreichischen Telegraphen-Vereins“, namentlich bis auf Weiteres auch die Tarife für die interne „telegraphische Correspondenz“ ab dem 1. April 1854.
Die Regelungen erfolgten für nachstehend genannte Sachgebiete.
I. Bezeichnung der in den Vereinsstaaten im Betriebe stehenden Telegrafenlinien mit ihren Anschlüssen an das Ausland
II. Allgemeine Bestimmungen über die Benutzung der Telegrafenlinien
III. Depeschen-Annahme
IV. Tarifierung
Damit hatte das staatliche Telegrafenwesen im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin Einzug gehalten.

 

Die Entwicklung des Schreibapparates von Morse beschleunigte die Entwicklung der elektromagnetischen Telegrafie ab 1850. Samuel Finley Breese Morse wurde 1791 in Massachusetts geboren. Schon in jungen Jahren wurde er ein bekannter Maler. Als er 1832 eine Reise nach Paris unternahm, bemerkte er den optischen Telegraphen auf dem Louvre und war begeistert. Morse hatte den Einfall, mit Hilfe eines Elektromagneten einen „schreibenden“ Telegraphen zu konstruieren. Durch einen einfachen Taster beim Sender wurde beim Empfänger Mittels eines Magneten eine Schreibnadel aus Grafit bewegt, die auf einen Papierstreifen druckte. Dieser Streifen bewegte sich mittels eines  mechanischen Laufwerks langsam vorwärts, und so konnte man lange und kurze Striche in die Ferne senden. Morse entwickelte aus Punkten und Strichen einen Code als Vorläufer des heutigen Morsealphabets, das von dem Deutschen Gehrke später verbessert wurde.


Der Ausbau der Staatstelegrafie ist eng mit der Errichtung der Eisenbahnlinien verbunden. Die erste mecklenburgische Eisenbahnlinie führe - wie zuvor erwähnt - von Hagenow nach Schwerin und ab 12.06.1848 weiter über Kleinen nach Wismar. Am 13.05.1850 wurde die Strecke nach Güstrow und Rostock fertiggestellt.
Die Inbetriebnahme der ersten Großherzoglich Mecklenburgischen  Telegrafenlinie  Schwerin-Hagenow zum Anschluss an den preußischen  Staatstelegrafen auf der Trasse der Berlin- Hamburg Eisenbahn und ferner der Linie Schwerin-Ludwigslust für den allgemeinen Verkehr erfolgte mittels Verordnung vom 20.03.1854, ausgegeben am 31.03.1854, mit Regierungsblatt (Nr. 13) für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin „... nachdem er bereits ab dem 01.03.1854 Depeschen Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs und der Ministerien befördert hatte.“
Am 14.03.1854 besuchten der Großherzog Friedrich Franz II. (1823-1883) und die Großherzogin-Mutter, in Begleitung des Staatsministers, Grafen von Bülow, des Staatsrates, von Bock, und des Ministerialrates, Dr. Meyer, (wurde später Telegrafendirektor) das Zentralbüro des Staatstelegrafen in Schwerin. Dieser hochrangige Besuch zeigte die besondere Bedeutung, die dem Telegrafenwesen im Großherzogtum Mecklenburg Schwerin beigemessen wurde.
Zum gleichen Zeitpunkt (20.03.1854) wurde in Schwerin zur Verwaltung der Staatstelegrafen eine "Telegraphen-Direction" für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin (mit Zuständigkeit auch für Mecklenburg-Strelitz) eingerichtet, die zunächst dem Finanzministerium unterstand.
Mecklenburg trat mit dem 01.04.1854 dem Deutsch Österreichischen Telegraphen-Verein (D.Ö.T.V.) bei, dessen achte Konferenz vom 01. bis 30. September des gleichen Jahres mit Vertretern von Österreich, Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, den Niederlanden und Mecklenburg in Schwerin tagte.
Auf dieser Konferenz wurden unter anderem eine neue Telegrafenordnung und der Betrieb und die Einführung neuer Telegrafen beraten. Das Telegrafenrecht in Mecklenburg-Strelitz wurde von der Verwaltung Mecklenburg-Schwerin mit vertreten.
Güstrower Stadtpolitiker haben die Aktivitäten in der Residenz aufmerksam beobachtet und gehandelt. In einem Schreiben des Güstrower Magistrates, vom 15.04.1854, an die Telegrafendirektion in Schwerin, bittet dieser um Verfügung, dass der Staatstelegraf auch für die Eisenbahnstrecke von Güstrow nach Bützow errichtet werde. (Siehe Notiz, mit dem der Vorgang an das Finanzministerium am 03.05.1854 zum Vortrag abgegeben wurde (Landeshauptarchiv Schwerin).
Ein zweiter Brief des Güstrower Magistrates, vom 24.05.1854, an die Telegrafendirektion Schwerin wurde nach Gesprächen mit dem Telegrafendirektor Dr. Meyer in Güstrow geschrieben. Der Text dieses Briefes war ein wichtiger Bestandteil des Vortrages des Telegrafendirektors Dr. Meyer beim Finanzminister. Diesen Brief, den wir als beglaubigte Kopie in den Akten des Großherzoglichen Kabinetts (Landeshauptarchiv Schwerin) fanden, lautet:

 G.P.M.
 für ....(Wort nicht lesbar -) Hochwohlgeborenen,
 den Herrn Ministerialrath Dr. Meyer in Schwerin
Ew: Hochwohlgeboren sagen wir unseren ganz gehorsamsten Dank für die Einleitung von Verhandlungen über die Errichtung eines Staats-Telegraphen in unserer Stadt und freuen wir uns hiermit anzeigen zu können, daß aus dem Bericht  unserer Deputierten, welche mit Ew Hochwohlgeborenen am 5. d.M. mündlich   verhandelt haben, sowohl von unserm Collegio als auch von dem Bürger- Ausschuße die von Ihnen gestellten Bedingungen dankbarlichst genehmigt sind.
Danach erklären wir uns bereit, der Großherzoglichen Telegraphen-Verwaltung das Haus, worin der Stadtdiener Rabe jetzt wohnt, zum freien Gebrauch abtreten und die zum Umbau und zur Einrichtung desselben zum Telegraphen-Büreau erforderlichen Steine unentgeltlich verabreichen zu wollen.
Inzwischen hat es sich aber auch noch hervorgegeben, daß die gewählte Richtung  für die Drathleitung durch die Luftsäule zweier privater Grundstücke hindurch geht, und haben wir die Einwilligung der jetzigen Besitzer erwirkt, so daß sie sich  bereit erklärt haben, die abschriftlich hierneben...( siehe unter Textziffer A Die Autoren  ) angeschlossenen Urkunde vollziehen und sobald als möglich in die zweite  Rubrik des Stadtbuchs über diese Grundstücke eintragen lassen zu wollen. Wir werden dies ungesäumt erwirken, und halten uns schon jetzt nach  Maßgabe der bisher stattgehabten Verhandlungen mit den beteiligten Personen berechtigt, die Beseitigung dieser Hindernisse für beendigt   anzunehmen. Die Original Intabulations-Atteste (Einschreibung. Eitragung) werden wir demnächst zu Eurer Hochwohlgebohrenen Verfügung überreichen Euer Hochwohlgeboren wollen nun die Gewogenheit haben, diese für unsere Stadt so wichtige Angelegenheit weiter in unserem Interesse zum Ziele zu führen.
In vorzüglichster Hochachtung unterzeichnen wir uns als
Euer Hochwohlgeboren ganz gehorsamtste Bürgermeister und Rath
gez. Langfeldt

Güstrow, den 24.Mai 1854 

 

 

24. Mai 1854, Bitte um Anschluss der Stadt Güstrow an die Telegrafenverbindung
24. Mai 1854, Bitte um Anschluss der Stadt Güstrow an die Telegrafenverbindung

Da die Staatstelegrafenleitungen zu dieser Zeit, wegen der erheblichen Probleme, die bei der Isolierung erdverlegter Telegrafenleitungen auftraten, meistens oberirdisch, vorrangig längst der Bahnlinien auf Gestängen, auf denen auch die Eisenbahn-Gesellschaften ihre Telegrafenleitungen betrieben, verliefen, ist zu vermuten, dass auf der bereits entlang der Bahnlinie Güstrow Bützow verlaufenden Telegrafenlinie der Bahn nun sehr schnell die Leitungen für den Güstrower Staatstelegrafen verlegt wurden. Die Auslegung zwischen dem Bahnhöfen Bützow und Güstrow erfolgte nach Meinung der Autoren zunächst mit zwei einzelnen Drähten. Dazu wurde die am Bahnhof Bützow vorbeiführende Telegrafenlinie Schwerin-Wismar-Rostock nach Güstrow eingeschleift. Dies geschah durch die Verlegung einer oberirdischen Hin- und Rückleitung zwischen Bützow und Güstrow auf dem Gestänge der Eisenbahn-Telegrafenlinie (feldseitig) zwischen den beiden Bahnhöfen. In Güstrow selbst wurde die Leitung etwa in Höhe des Bahnübergangs Eisenbahnstraße/Neue Straße durch die Kämmereiwiesen (früher auch Paradieswiesen und Bleiche, heute Rosengarten), über den städtischen Bauhof und zwei Privatgrundstücke in das Gebäude Baustraße 3 auf teils hölzernen und teils eisernen Stangen geführt.

Etwa 7 Wochen nach dem Genehmigungsdatum (01.06.1854) konnte die
Güstrower Zeitung“ in der Nr. 85 vom 20.07.1854, Seite 342 oben, mit nachstehender Meldung erscheinen: (Museum der Stadt Güstrow)

„ Die Drähte des Staatstelegraphen sind nun bereits bis an den Eingang des Bahnhofes geführt und eine Reihe von Pfählen zeigt ihnen den ferneren
Weg über die Paradieswiese nach dem in der Baustraße neu zu erbauenden Telegraphenbureau. Ob letzteres nicht besser in der Mitte der Stadt zu placieren gewesen wäre, müssen wir dahin gestellt sein lassen. Freilich sind die Entfernungen innerhalb unserer Mauern überall nicht so bedeutend, dass ein wenig mehr oder weniger in Betracht käme.“

 
Die „Mecklenburger Zeitung“ Schwerin schreibt am 17.07.1854 folgendes:

“... Das Haus an dessen Stelle das Bureau des Telegraphen erbauet werden soll, ist bereits seit mehreren Tagen abgebrochen, und man hofft das neue Gebäude zu Michaelis...(Anmerkung der Autoren: Evangelischer Gedenktag Michaelis ist der 29. September) ....vollendet zu sehen. Es befindet sich in der partie bonteuse unserer Stadt, der engen, hässlichen und schmutzigen Baustraße, die aber den Vorzug hat, dass sie dem Bahnhof sehr nahe und in ihrem mittleren Theile dem Centrum auch nicht fern liegt. Der Leitungsdrath, dessen Pfähle quer über die Paradieswiesen nach dem Bahnhofe gehen, wird bald gelegt werden können. Zu den Kosten des Telegraphengebäudes wird die Stadt den Bauplatz und einen ansehnlichen Teil Beitrag an Baumaterial hergeben. Vielleicht werden sich dann, nach Herstellung dieses Communicationsmittels , einige Großhändler hier ansiedeln, an denen es merkwürdiger Weise noch immer fehlt.“ 

Als Standort des ersten Güstrower Telegrafenbüros wurde nach unseren Erkenntnissen das heute denkmalgeschützte Haus in der Baustraße 3 außerordentlich kurzfristig geplant, errichtet und ca. 20 Jahre genutzt.
Diese Überlegungen und Schlussfolgerungen werden auch unterstützt durch die Auswertung der denkmalpflegerischen Unterlagen des „Büros für Bauforschung, Gebäudevermessung und Sanierungsplanung- Dipl.-Ing. Margrit Christensen, Lübeck“, vom März 1998. Der heute unter Denkmalschutz stehende Gebäudekomplex auf der Nordseite der Baustraße, zwischen Armesünderstraße und Flethstaken, wurde 1999 im Auftrag des Güstrower Stadtamtes für Stadtsanierung durch das Lübecker Büro für Bauforschung, Gebäudevermessung und Sanierungsplanung - Dipl. Ing. Margrit Christiansen-, aus denkmalpflegerischer Sicht untersucht. Die mehrseitige Dokumentation über diese umfangreiche Arbeit wurde der Stadt Güstrow 1999 übergeben und stand uns für unsere Recherchen zur Verfügung. Die Errichtung des Gebäudes könnte nach Auffassung des Güstrower Ingenieurbüros Andreas Lankau, das auch die Sanierung des ehemaligen Telegrafengebäudes 2001 plante und ingenieurtechnisch begleitete, durchaus innerhalb des Zeitraumes zwischen Juni und Oktober 1854 mit den damals bekannten technischen und personellen Voraussetzungen erfolgt sein.

Was nun das Datum der tatsächlichen Inbetriebnahme des Güstrower Staatstelegrafenbüros angeht, gibt es neben der von W. Raabe noch eine weitere Datumsangabe. „Der Bund der Philatelisten“ benennt in Unterlagen, dessen Verfasser wir nicht ausfindig machen konnten, den 01.10.1854 als Tag der  Inbetriebnahme der Telegrafenstation in Güstrow. Diese Angabe fanden wir in Unterlagen, die wir uns vom „Museum für Kommunikation“ aus Berlin für unsere Studie zuleiten ließen. Nach einer Bestätigung dieser zuletzt gemachten Datumsangabe suchten wir im Landeshauptarchiv Schwerin, in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin und in der Historischen Bibliothek in Güstrow und wurden fündig.

Im Regierungsblatt Nr. 35 Seiten 214 von 1854 steht unter Absatz 3)

Die in Güstrow errichtete Staats-Telegraphen-Station wird am 1sten October dieses Jahres zum allgemeinen Betriebe eröffnet werden, was mit dem Bemerken zur Kenntnis des Publikums gebracht wird, daß auch diese Station zur Annahme von Depeschen in englischer Sprache ermächtigt ist.

Schwerin am 20sten September 1854
Großherzoglich Mecklenburgische Telegraphen-Direction
                                                                              E. Meyer „

 

 

Der Telegrafendirektor, Ministerialrat Dr. Meyer fertigte nach einem Besuch in Güstrow einen detaillierten Bericht, die Errichtung einer Telegrafenstation zu Güstrow betreffend, und sandte diesen am 27.05.1854 an das Großherzogliche Finanzministerium. Darin heißt es:

In Veranlassung des jüngst von dem Magistrate zu Güstrow an Seine Königliche Hoheit, den Großherzog gerichteten alleruntertänigsten Gesuches, um Errichtung einer Telegraphen-Station in Güstrow, habe ich an Ort und Stelle die bezüglichen Local- Verhältnisse in Gemeinschaft mit den Güstrower Senatoren Viereck und Seitz einer genauen Prüfung unterworfen, und gefunden, daß auch in Güstrow es möglich, ohne zur Anlegung einer unterirdischen Telegraphen-Leitung schreiten zu  müssen, ein Telegraphen-Büreau, und zwar fast inmitten der Stadt, nahe dem Markte errichten zu können, sobald die Telegraphen-Leitung vom Bahnhofe ab eine nicht lange Strecke über die Cämmerei-Wiesen, den städtischen Bauhof und zwei Privat-Grundstücken geführt wird. Ich habe es nicht unterlaßen vorgenannte Magistrats-Deputierte auf die Kosten der  Anlage, sowohl der Leitung von Bützow ab und des Stations-Locales in Güstrow sowie der demnächstigen Unterhaltung und Bedienung des Büreaus selbst, aufmerksam zu machen, und meine private Ansicht dabei dahin ausgesprochen daß, da voraussichtlich der Depeschen-Verkehr in Güstrow solche Kosten nicht decken würde ich bezweiflen müßte es würde Serinisimus, wenngleich derselbe im Uebrigen den Wünschen des Magistrates gnädige Berücksichtigung zu schenken nicht abgeneigt, die so bedeutenden Anlage- und Unterhaltungskosten bewilligen, wenn nicht Seitens der Stadt Güstrow ein billiger Beitrag dazu geleistet werde; dabei schlug ich, die Allerhöchste Genehmigung vorbehältlich, vor, bei Rath und Bürgerschaft durchzusetzen, daß das an der Baustraße unweit des Marktes belegene von einem Stadtdiener zur Zeit bewohnte Haus der Großherzoglichen Telegraphen-Verwaltung  zur freiesten  Disposition unentgeltlich abgetreten, daneben auch nicht nur die zum Umbau desselben erforderlichen Materialien unentgeltlich verabreicht, sondern auch die Bureau Baukosten mindestens zur Hälfte übernommen würde. Nach weiterer Verhandlung über diese meine Propositionen (Empfehlungen, Vorschläge – Die Autoren)  verstanden sich endlich beide Deputierte  dazu, die Abtretung des bezeichneten Hauses an die Telegraphen-Verwaltung und die unentgeltliche Verabreichung sämtlicher zum Umbau desselben erforderlichen Steine (und Dachsteine) bei Rath  und  Bürgerschaft in Antrag zu bringen, womit ich dann auch schließlich, wiewohl die Genehmigung des Ministerii vorbehältlich, mich einverstanden erklärte, ihnen zugleich aber auch die Verpflichtung auferlegte, die Besitzer der beiden obgedachten Privat-Grundstücke, über welche die Telegraphen-Leitung geführt werden muß, zu veranlassen, dazu ihre Einwilligung in einer bündigen und den Telegraphen-Betrieb sichernden  Weise zu ertheilen, eventualiter auch die Entschädigungsansprüche derselben zu beseitigen. Rücksichtlich Form und Inhalt der von beiden Grundbesitzern auszustellenden ....(Wort nicht lesbar- Die Autoren)  übergab ich dabei einen Entwurf dazu zur Berücksichtigung. In Folge jener Verhandlungen ist mir nun von dem Güstrower Magistrate die in Abschrift beiliegende Erklärung,  wonach meine vorerwähnten Propositionen die Genehmigung des Magistrates und der  Bürgerschaft gefunden haben, und deren Approbation Seitens des Hohen Ministerii ich nur empfehlen kann, zugegangen. Der Magistrat bringt durch Acceptation meiner Offerte ein nicht unbedeutendes Opfer, die Telegraphen-Verwaltung gewinnt dabei für sehr geringe Kosten ein äußerst bequem und für den Betrieb paßend gelegenes Stations-Local. Wolle das Hohe Ministerium noch ferner erwägen, daß selbst dann, wenn die Stadt Güstrow nicht mit so anerkennenswerter Bereitwilligkeit auf meine Vorschläge  eingegangen wäre, die Anlage einer Telegraphen-Station in Güstrow auf alleinige herrschaftliche Kosten nicht würde haben unterbleiben können, einmal weil durch Ausdehnung der Linie bis Güstrow der Staats-Telegraph dem internen Verkehr erst vollständig zu Nutzen kommen wird, und dann, weil in Folge hiervon eine zum Vorteil der Telegraphen-Casse gereichende größere Benutzung der Telegraphen für Privat-Depeschen sicher erreicht wird.

Ehrerbietigst beantrage ich bei solcher Anlage meiner Verhandlungen mit dem Magistrat zu genehmigen und somit die Errichtung einer Telegraphen-Station zu Güstrow zu gestatten.
                                                                     gez. Meyer
Schwerin, den 27. Mai 1854

 

 

Durch die „Vereinbarung über die Errichtung einer Telegrafenlinie von Güstrow über Neubrandenburg nach Neustrelitz“ vom 08.03.1856 (Landeshauptarchiv Schwerin) sollten die beiden mecklenburgischen Großherzogtümer telegrafisch miteinander verbunden werden und darüber hinaus den Anschluss zu den bereist östlichen des Großherzogtums Mecklenburg-Strelitz verlaufenden preußischen Telegrafenlinien ermöglichen. Die Verhandlungen wurden durch den Mecklenburg Schwerinschen Telegrafendirektor Ministerialrat Dr. Meyer und dem Mecklenburg Strelitzschen Regierungsrat von Kardorff in Güstrow geführt und mit der Unterzeichnung der Vereinbarung am 20.02.1856 erfolgreich beendet. Im Ergebnis der später zwischen Schwerin und Preußen geführten Verhandlungen kam es erst nach der Fertigstellung der Station Friedland 1862 zur Anbindung an das preußische Telegrafennetz im Osten. Hiermit konnte die Verbindung zwischen den nördlichen Regionen Preußens im Osten und Westen der beiden mecklenburgischen Großherzogtümer über die relativ kurze Verbindung über Güstrow hergestellt werden. Schwerin hatte damit Möglichkeiten, seine östlichen Gebiete in das Telegrafennetz einzubinden, wie der Trassenverlauf über Teterow, Malchin, Stavenhagen, mit Anschlussmöglichkeiten nach Waren, Malchow und Röbel zeigt.
Güstrow war damit ein wichtiger Netzknoten in den mecklenburgischen Staatstelegrafenverbindungen nach Osten, Südosten, Westen und Norden geworden.
Der anfängliche Verlauf der Linienführung zwischen Güstrow und Neustrelitz ist nicht genau bekannt, es ist jedoch sicher, dass die Leitungstrasse entlang der Chausseen und Landstraßen verlaufen sein muss, weil zu diesem Zeitpunkt noch keine Eisenbahnstrecke von Güstrow nach Osten existierte. Die Eisenbahnlinie ab Güstrow in Richtung Neubrandenburg wurde erst am 11.11.1864 in Betrieb genommen.
Für den Fall der Errichtung einer Eisenbahnlinie auf Strelitzschem Gebiet waren wesentliche Regelungen für den Telegrafenbetrieb an diesen Trassen in der Vereinbarung geregelt, die z. B. einen Betrieb von Telegrafen an den Bahnstrecken nur für Eisenbahnangelegenheiten zuließen, ansonsten war der Staatstelegraf zu nutzen.

Das deutsche Telegrafenwesen ist aus den Telegrafenverwaltungen der deutschen Einzelstaaten hervorgegangen. Bis 1866 bestanden 17 selbständige Verwaltungen. Bau und Betrieb unterstanden dem Kriegsministerium.

Mit zu den interessantesten Entdeckungen im Landeshauptarchiv Schwerin gehörten für die Autoren Listen über das Inventar der Großherzoglich Mecklenburgischen Telegraphen-Verwaltung am 31.12.1867, das am 01.01.1868 auf die Telegraphenverwaltung des Norddeutschen Bundes überging.
Die kriegerischen Ereignisse der Jahre 1864 und 1866 hatten zur Errichtung des Norddeutschen Bundes geführt. Nach dem Sieg Preußens im Deutsch-Österreichischen Krieg 1866 übertrugen die meisten deutschen Kleinstaaten ihre Hoheit über die Telegrafie auf Preußen. Nach Abschnitt VIII der Bundesverfassung des Norddeutschen Bundes vom 17.04.1867 sollte innerhalb des Bundesgebietes das Post- und Telegrafenwesen als einheitliche Staatsverkehrsanstalt unter der Leitung des Bundespräsidiums eingerichtet und verwaltet werden. Die Einbindung des Landes Mecklenburg in das ausgedehnte Post- und Telegrafengebiet des Norddeutschen Bundes und damit die freie Entfaltung des mecklenburgischen Post- und Telegrafenwesens unter Nutzung von technischen und organisatorischen Lösungen des Bundes erfolgte durch den Beitritt beider mecklenburgischer Großherzogtümer am 11.08.1868 zum deutschen Zollverein. Die Inventurunterlagen von 31.12.1867 weisen aus, dass nunmehr die Telegrafenverbindung über Teterow, Malchin, Stavenhagen, Neubrandenburg nach Neustrelitz entlang der Friedrich-Franz-Eisenbahnlinie verlief. Am 31.12.1867 betrug danach die Gesamtlänge der Telegrafenleitungen in Mecklenburg 427,42 km, Ihr Wert wurde auf 32810 Reichstaler geschätzt. Diese Entwicklung wurde weiter begünstigt durch das am 01.01.1868 in Kraft getretene einheitliche norddeutsche Postgesetz. Das Post- und auch besonders das Telegrafenwesen konnten ihre gemeinnützige Bedeutung durch die erhebliche Steigerung des Verkehrsaufkommens unterstreichen. Die Ereignisse der Jahre 1870 und 1871 führten, wie im gesamten Deutschen Reich, auch in Mecklenburg zu einem lebhaften wirtschaftlichen Aufschwung, der auch das Post- und Telegrafenwesen stark beeinflusste. Die „Bundes-Telegraphen-Direction“ Schwerin wurde am 01.06.1870 mit der „Bundes-Telegraphen-Direction“ in Hamburg zusammengeführt, indem der mecklenburgische Telegrafenbezirk mit dem Bezirk Hamburg vereinigt wurde. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg und der deutschen Reichgründung 1871 wurde aus den Telegrafenverwaltungen des Norddeutschen Bundes, Badens und Elsass-Lothringens die „Kaiserliche Generaldirektion der Telegraphen“ gebildet und als II. Abteilung dem Reichskanzleramt unterstellt. Durch den wirtschaftlich begründeten Umzug der Telegrafenstation Güstrow von der Baustraße 3 in die Domstr 6 um 1873/1874 müssen die Telegrafenleitungen von der Baustraße in Richtung Domstraße entlang der Ostseite des Marktes, ostseitig der Gleviner Straße bis zum Haus Gleviner Str. 10 und von dort entlang der Nordseite der Burgstraße, über die Dächer der Stadt bis zur Domstraße 6 verlängert worden sein.
Um 1879 wurden die Telegrafenleitungen durch entschiedene Forderungen des Güstrower Senators Beyer östlich um die Stadt herumgeführt.

 

Die Dienstzeiten der Güstrower Station wurden entsprechend des „Reglements für den Telegrafischen Verkehr auf den Linien des Deutsch-Österreichischen-Telegrafen-Vereins (D.Ö.T.V.)“ geregelt.
Die Telegrafenstation in der Domstr 6 hatte folgende Öffnungszeiten:
Vom 01. April bis Ende September von 07.00 bis 21.00 Uhr
und ab 01. Oktober bis Ende März von 08.00 bis 21.00 Uhr.
Nachtdienst wurde in den ersten 20 Jahren in Güstrow mit großer Wahrscheinlichkeit nicht regelmäßig durchgeführt.
Nach der räumlichen Zusammenführung der beiden kaiserlichen Behörden (Postamt und Telegrafenstation) um 1874 in der Domstraße 6 existierten diese zunächst - trotz der zentral bereits vollzogenen Vereinigung der Post- und Telegrafenverwaltungen des Deutschen Kaiserreiches - noch bis zum Jahre 1877 als eigenständige kaiserliche Anstalten im gleichen Gebäude weiter. Aus der Telegrafenstation war inzwischen ein „Telegraphenamt II. Classe“ geworden. Die Vereinigung beider Behörden erfolgte am 01.01.1878 durch die Auflösung der Telegrafenämter II. Klasse innerhalb des Deutschen Reiches. Der Telegrafendienst wurde in das Güstrower Oberpostamt eingegliedert.
Am 01.01.1868 waren in Mecklenburg 17 Telegrafenanstalten vorhanden, Ende 1879 war die Anzahl bereits auf 99 Stationen angestiegen.

 

Einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur internationalen Telekommunikation auf breiter Basis stellt die Entwicklung des Telefons dar.

Die auf den Telegrafen folgende Erfindung des Telefons durch Bell 1876, läutete einen weiteren großen Schritt in der Verbreitung der elekrischen Telekommunikation ein.
Nun konnte, selbst über Kontinente hinweg, die menschliche Stimme übermittelt werden - ein erstes globales Kommunikationssystem entstand. Die Entwicklung des Nachrichtenwesens von den Rauchsignalen bis zum WWW unter Einbeziehung von transatlantischen Kabeln und Satelliten bis zur heutigen mobilen Kommunikation per Handy ist ein gewaltiger Entwicklungsprozess.

An die rasante Einführung des Telefons in Deutschland wird in einem Abschnitt unserer gedruckten Chronik erinnert.
Das „Telefonieren“ ist heute jedoch wesentlich mehr als die Benutzung von Telefonen an Telegrafenleitungen, womit das Telefonieren vor ca. 130 Jahren begann.
Die Entwicklungen moderner Kabel-, Übertragungs-, Vermittlungs- und Funktechniken sind heute wichtige Bestandteile der weltweiten Sprach- und Datenübertragung.
"Multimedia" ist die Bezeichnung für die vielseitige Anwendung
der modernen Nachrichtentechnik unserer Gegenwart. 

Für die Zusammenstellung unserer Ausführungen nutzten wir auch die Möglichkeiten des Internets. Wir waren über die Vielzahl an Quellen über das Fernmeldewesen erstaunt und empfehlen den interessierten Lesern nachstehende Links..

Am 15.03.1875 wurde zwischen der neu errichteten Telegrafendienststelle Kritzkow und der Güstrower Telegrafenstation die erste staatliche Fernsprechverbindung in Mecklenburg hergestellt. 

In Güstrow existiert eine "Station zweiter Classe" mit einem Vorsteher, einem Obertelegrafisten, einem Telegrafisten, vier Telegrafen - "Candidaten" und einem Telegrafenboten. Bützow hat eine "Station dritter Classe" mit einem Vorsteher, der gleichzeitig Obertelegrafist ist und einem Telegrafenboten. Eine " Station vierter Classe" gibt es jeweils in Goldberg, Laage, Lübz, Plau, Sternberg; die Station in Dobbertin ist mit der Postanstalt "combiniert".

Am 27.03.1875 schreibt die "Güstrower Zeitung",

"... Ueber den Umfang der Benutzung des Staatstelegraphen von Seiten des Publikums verlautet bisher nur wenig. Vermuthlich darf man die ersten Betriebsjahre nur einen bescheidenen Maßstab an die Rentabilität diese Anstalt anlegen, welche zur Zeit noch von manchen Leuten als etwas Verfrühtes und Entbehrliches bezeichnet wird; ein Schicksal, welches das statistische Bureau theilt, dessen Leistungen bei uns bisher wenig verstanden und noch weniger wissenschaftlich verarbeitet oder sonst ausgebeutet sind. In der That wird die Bedeutung ... sich nach wenigen Jahren schon praktischer herausstellen. Die Bedeutung des Staatstelegraphen scheint manchen Leuten noch nicht hinlänglich mund- und handgerecht geworden zu sein", und an anderer Stelle der gleichen Ausgabe heißt es in einer Einsendung an die "Güstrower Zeitung, "Eine der interessantesten Erfindungen der Neuzeit ist ohne Widerrede der elektrische Telegraph und allgemein ist der Wunsch verbreitet, die Einrichtung und Wirkungsweise dieses wunderbaren Instrumentes kennen zu lernen. Diesem Wunsch winkt eine nahe Gewährung. Dem Vernehmen nach beabsichtigt nämlich der rühmlichst bekannte Ingenieur Herr Schaupt aus Dresden binnen kurzem hierselbst Vorträge über elektro-magnetische Telegraphie zu halten, zu welchem Zwecke derselbe in einem dazu geeignetem Saale eine in Stationen eingetheilte Telegraphen-Linie errichten wird. Aus den verschiedenen Berichten benachbarter sowohl, als auch der größten Städte Deutschlands ersehen wir, daß der Vortrag des Herrn Schaupt außerordentlich anziehend und belehrend ist, und es dürfte uns die schöne Gelegenheit zur Erlangung der genauesten Kunde des Wesens der Telegraphie, welche uns von einem Fachmann in solcher Klarheit geboten wird, so leicht nicht wiederkehren. Da aber die Aufstellung des Apparates mit nicht unerheblichen Kosten verknüpft ist, so wird Herr Schaupt, wie wir hören, nur dann einen Vortrag halten, wenn eine hinreichende Theilnahme ihm im voraus zugesichert sein wird. Außerdem beabsichtigt Herr Schaupt einen besonderen Vortrag für die hiesige Schuljugend zu geben, worauf wir die Herren Lehrer vorläufig aufmerksam machen".


01.01.1876. Nach dem Zusammenschluss der Bundes-Post und der Bundes-Telegrafie des Norddeutschen Bundes infolge der Reichsgründung 1871 zur Deutschen Reichspost übernimmt nun eine kaiserliche Ober-Post-Direktion in Schwerin die Verwaltung des mecklenburgischen Post- und Telegrafenwesens. (Das Postwesen war bei allen Veränderungen der Zuständigkeit seit der Einführung der Staatstelegrafie bisher nur von 1849 bis 1854 die für das Telegrafenwesen zuständige Behörde.) Gleichzeitig wird in Güstrow die bisherige großherzogliche "Telegraphenstation zweiter Classe" in den Rang eines kaiserlichen "Telegraphenamtes erster Classe" erhoben. Es sind ein Vorsteher und 5 weitere Beamte beschäftigt. In Bützow existiert nun anstelle der "Station dritter Classe" ein "Telegraphenamt dritter Classe" mit zwei Beamten. Telegrafen-Leitungsaufseher gibt es in Güstrow und Bützow nicht.

1892 wird die Allgemeine Stadtfernsprech-Einrichtung in Güstrow  mit 29 Fernsprechteilnehmer eingeschaltet.
Dazu nachstehende Veröffentlichung aus der Güstrower Zeitung vom 16.08.1892:

- Der vom hiesigen Magistrate früher beabsichtigte Anschluss mehrerer städtischer Gebäude, wie uns gesagt worden: des Rathauses, des Krankenhauses, des Schlachthauses und der Gasanstalt, an die jetzt vollendete Stadtfernsprecheinrichtung wurde bekanntlich seiner Zeit, wie von uns auch mitgeteilt worden, von unserem Bürgerausschusse als nicht erforderlich abgelehnt, und trotz eines wiederholten aber veränderten Antrages des Magistrates und Beschränkung des Anschlusses auf das Rathaus und Krankenhaus zum geschäftlichen Betriebe glaubte unsere Bürgervertretung ihre Zustimmung zu der Kostenbewilligung verweigern zu müssen. Nachdem nun seitens der Postbehörde aus bester Intention geschaffene, in anderen Städten als großes Bedürfnis, und wo sie besteht , als wesentliche Geschäftserleichterung empfundene Einrichtung fast bei uns vollendet ist und 29 Privathäuser (Anmerkung der Chronisten: - Liste der ersten Güstrower Fernsprechteilnehmer siehe weiter unten-) von den Geschäftsinhabern hierselbst an dem Werke angeschlossen worden sind, hat der Magistrat nunmehr, wie wir erfahren, den Anschluss des Rathauses lediglich im Interesse des Feuerlöschwesens verfügt. Es werden 2 Sprechapparate im Polizeiwachzimmer und im Nachtwachzimmer aufgestellt und mit der Turmwärterwohnung und der neben dem Spritzenhause (Baustraße 4-5 Anmerkung der Autoren) gelegenen Stadtbauschreiberwohnung (Baustraße 3 Anmerkung der Autoren) verbunden, und auf der Post wird durch spezielles Entgegenkommen der Behörde eine besondere Einrichtung zu dem Zwecke geschaffen, dass von allen städtischen Anschlüssen aus auch während der Nacht die Meldung über die Post zum Rathause und weiter zum Turm und Spritzenhause gelangen können.
Wie uns mitgeteilt ist, soll mit den Besitzern der 29 Privatanschlüsse (Liste der ersten Güstrower Fernsprechteilnehmer siehe weiter unten, Anmerkung der Autoren) im Interesse der Sicherheit unserer Stadt auch dahin verhandelt werden, dass die betreffenden Häuser als Feuermeldestellen bezeichnet werden und jedem Wächter oder Privatmann, sobald dieselben den Ausbruch eines Feuers bemerkt, die Veranlassung sofortiger Meldung zum Rathause gestattet wird. Die Kosten dieser städtischen Einrichtung, deren Herstellung die Postbehörde unentgeltlich beschafft, betragen pro Jahr 120 M und werden, wenn wir recht berichtet sind, weil die Leitung lediglich in Feuerlösch-Interesse angelegt ist, aus der sogenannten Spezialbrandkasse getragen. Wir stimmen unsererseits der Auffassung völlig bei, dass ein einziger Löschfall die der Brandkasse entstehenden Kosten für lange Zeit ersetzte und eventuell noch große Ersparnisse zur Folge haben kann, und begrüßen die Errichtung daher mit Freuden als ein neues Sicherungsmittel unserer Stadt.

 

1896 wurde das Kaiserliche Oberpostamt am Pferdemarkt errichtet. Die Telegrafen– und Telefonleitungen werden über die Dächer in den Postturm geführt.
1896 wurde das Kaiserliche Oberpostamt am Pferdemarkt errichtet. Die Telegrafen– und Telefonleitungen werden über die Dächer in den Postturm geführt.

Die Leitungen des Stadtfernsprechnetzes wurden vornehmlich über die Dächer  geführt. Dazu waren auf den höheren Häusern in den wichtigsten Straßenzügen Dachgestänge montiert.


 Liste der ersten Güstrower Fernsprechteilnehmer von 1892,
 zusammengestellt nach dem Wohnungsanzeiger der Stadt Güstrow von 1893

     
   Fernsprechteilnehmer Standort
     

1

Versicherungsgesellschaft

Hageböcker Str. 9

2

Hoflieferant Carl Grotefend

Markt 27

3

Eisengießerei und Maschinenfabrik Kähler

Eisenbahnstr. 15

4

Bahnhof Güterexpedition

Eisenbahnstr. 13

7

Kaufmann Bernhard Martienssen

Mühlenstr. 14

8

Kaufmann C. F. Wildfang

Am Berge 41

10

Haupt-Steueramt

Domstr. 16

11

Kaufmann Karl Frädland

Hageböcker Str. 16

14

Bürgermeister Süsserott

Schnoienstr. 21

15

Hotel Garni und Restaurant, C. Butzirus

Pferdemarkt 15

17

Dr. med. Otto Walter

Mühlenstr. 49

19

Klempnermeister Georg Otto

Gleviner Str. 49

20

Kaufmann B. Meyer und Co.

Markt 20

21

Hoflieferant R Dautwitz

Markt 21

23

Landgerichtsdirektor Bölkow

Schnoienstr. 19

24

Mecklenburgische Waggonfabrik AG

Eisenbahnstr. 16

25

Hotel Kaiserhof, E. Ewald

Pferdemarkt 39

32

Bank- Agentur der Vereinsbank Wismar

Neue Str. 39

35

Rathaus–Nachtwache u. Arrestlokal Polizei

Markt 1

38

Modewaren Gebr. Bormeister

Mühlenstr. 38

41

Buchdruckerei Carl Michaal

Hageböcker Str. 41

42

Zimmermeister Willi Eilmann (Feuermeldestelle)

Neue Str. 42

43

Zuckerfabrik Güstrow AG

Speicherstr.

44

Kaufmann C. Brühn (Fa. J.G. Brühn)

Pferdemarkt 3/4

45

Georg Matienßen, Kaufmann

Bleicherstr. 2

46

Mühlenthorsche Wassermühle (Pächter Albert Magdeburg)

Beim Mühlentor 26

47

Brauereibesitzer Carl Müller

Beim Mühlentor 39

48

Hotel de Russie, Hermann Jenssen

Mühlenstr.57

 

 

 


Zum 15.08.1896 wurde das neue Postamt am Pferdemarkt erbaut. Im Erdgeschoss wurden Räume für das Postwesen eingerichtet. Im Obergeschoss wurde das Telegraphenwesen untergebracht. Der Bau des neuen Postamtes wurde nur möglich, weil die Stadt Güstrow 34000 Reichsmark zur  Unterstützung des Bauvorhabens bereitstellte. Erst danach hatte der Reichstag den Neubau des Postamtes beschlossen.

In Güstrow existiert eine "Station zweiter Classe" mit einem Vorsteher, einem Obertelegrafisten, einem Telegrafisten, vier Telegrafen - "Candidaten" und einem Telegrafenboten. Bützow hat eine "Station dritter Classe" mit einem Vorsteher, der gleichzeitig Obertelegrafist ist und einem Telegrafenboten. Eine " Station vierter Classe" gibt es jeweils in Goldberg, Laage, Lübz, Plau, Sternberg; die Station in Dobbertin ist mit der Postanstalt "combiniert".

1899 gibt es in Güstrow 46 Fernsprechteilnehmer. Das Postamt hat die Rufnummer 100. Der Bahnhof hat noch keinen Fernsprecher.

1907. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Oberpostdirektionen selbst ihre Telegrafenmasten gefällt, hergerichtet und mit Blaustein getränkt. Diese Masten haben durchweg 30 - 40, ja auch mehr als 60 Jahre in den Anschlusslinien gestanden.
Fabriken übernehmen die maschinelle Herstellung der Telegrafenmasten mit Teerölen.

Aus einer technischen Unterlage des Fernamtes Güstrow aus dem Jahre 1908 geht durch eine handschriftliche Notiz hervor „in Güstrow sind OB-Fernschränke OB 09 aufgestellt“

Kopie von Seite 85 einfügen


1920. Umbau der oberirdischen Fernleitungen auf Viererbetrieb und Einbau von Pupin-Spulen auf weiten Kabelstrecken. Die Maßnahmen dienen der besseren Ausnutzung der teuren Leitungen. 

Verkabelung der größeren Ortsnetze zur Vorbereitung auf den Wählbetrieb.
Auch in Güstrow wurden aus diesem Grund 1929 umfangreiche Verkabelungen im Ortsnetz zur Vorbereitung des Wählbetriebes, der ab 11.01.1930 erfolgte, vorgenommen.
Die Freileitungen über den Dächern und die meisten Dachgestänge wurden demontiert.
Die bis zu dieser Zeit mit Eisendraht hergestellten oberirdischen Telegrafen- und Fernsprechleitungen wurden über die Dächer Güstrows an den Postturm herangeführt. Die gefahrvolle Verlegung der Leitungen an den Dachgestängen lässt sich erahnen.
Die Rohrenden verblieben jedoch teilweise bis in die heutige Zeit auf den Dächer, da sie teilweise aufwändig mit dem Dachgebälk verbunden waren. Die Rohrenden waren zeitweilig geeignete Masten für Fernsehempfangsantennen. Erst durch die umfangreichen Dachsanierungen nach der Wende sind fast alle Spuren der alten Leitungsführung von den Dächern verschwunden. Auf drei Gebäuden der Stadt sind heute noch Reste eines Dachgestänges zu erkennen (Verwitterte Rohrenden auf den Dächern Haus Hirsch, Haus Ecke Hollstr. / Gleviner Str.1 und Feierabendheim in der Burgstraße).
Gestänge für Telegrafen- bzw. Telefonleitungen haben sich z.B. an folgenden Standorten befunden: Diese Standorte konnten im I. Halbjahr 2003 nach alten Ansichtskarten des Stadtarchivs und des Stadtmuseums Güstrow sowie des Fotoarchivs R. Benox FAB ermittelt werden. (Festgestelltes „Gestängebild“ unterstrichen)
Eine eindeutige Linienführung ist daraus nicht erkennbar.
-Postturm, je Bogen im Turm 8 Querträger mit jeweils 8 geraden Stützen und Isolatoren waren möglich (max. Aufnahmekapazität des Turmes 256 Doppelleitungen)
- Pferdemarkt 5 (Haus Papenbrock) - Doppelgestänge, 7 Querträger
- Pferdemarkt 9 (Spille & Lühmann, später Robrahn Gestänge u. Trittbrett
- Pferdemarkt 10 (Haus Raiffeisenbank) – keine weitere Angabe
- Pferdemarkt 32 (Kaufhaus der Karstadt AG) – einfaches Gestänge, 1 Querträger
- Am Berge 6 (Haus Kniesenack Brauerei) - einfaches Gestänge, 2 Querträger
- Am Berge (Sanitätshaus) - Doppelgestänge, 2 Querträger
- Mühlenstr. 8 (Derz’sches Haus) 1. einfaches Gestänge mit Strebe, 2 Seitenanker, 3 Querträger, 4 Doppelleitungen (etwa 1925) 2. Doppelgestänge mit je 2 Ankern und je einer Strebe je Mast         Trittbrett (Quelle: Foto FAB ca. 1930)
- Mühlenstr. (Haus Baranyai) - einfaches Gestänge, 3 Querträger, an der Spitze des Gestänges 2 x 2 Doppelleitungen auf kleinen Querträgern. Quelle: Foto Stadtarchiv Güstrow.
- Bleicherstr. (1. oder 2. Haus vom „Am Berge“ gesehen) - Doppelgestänge, 2 Querträger, je Querträger ca. 10 bis 12 Doppelleitungen
- Markt 30 (2. Haus von Ecke „ Grüner Winkel, Haus Hirsch) - Doppelgestänge, Trittbrett, Steigestützen, 2 Querträger, 8 Doppelleitungen in Richtung Domstr.
- Markt 9 (- Nordseite Haus Lönnies) einfaches Gestänge mit 3 Querträgern (Quelle: Foto FAB)
- Gleviner Str. 10 (Stift Bethlehem) - Doppelgestänge mit Verzweigungen in Richtung Gleviner Tor, Markt u. Richtung Burgstr. Lange Str. (Quelle: Auskunft von Fernmeldebaumonteur Chr. Möller und Foto FAB))
- Gleviner Tor (geschätzter Standort ca. 30 bis 50 m von der Gleviner Str. in Richtung Parkplatz) - A-Mast mit Aufsatzmast ca.15 m hoch, 2 Querträger mit jeweils zwei Doppelleitungen auf geraden Stützen, nach beiden Seiten mit Ankern stabilisiert. (Quelle Foto Stadtarchiv Güstrow) - - Gleviner Str. 17-19 (jetzt in der Nähe des Pferdeausstatters )- einfaches Gestänge mit Anker Steigestützen u. Trittbrett, 1 3 oben und 2 Querträger kurz über dem Trittbrett. Quelle : Foto um 1890 FAB.
- Eisenbahn Str. (Bahnhofshotel) - Doppelgestänge, 5 bis 6 Querträger, Platz für 48 Doppelleitungen, an den Mastspitzen jeweils 2 kleine Querträger mit jeweils 2 Doppelleitungen je Querträger
- Hageböckerstr. 110 (Ecke Krönchenhagen) - Doppelgestänge mit Trittbrett und Steigestützen, 4 Querträger, 6 Doppelleitungen je Querträger möglich 2 Streben Quelle: Foto siehe auch weiter unten aus SVZ (Fotosammlung Schirow)
- Markt (Haus Sparkasse) - Gestänge, 2 Querträger, ca. 4 Doppelleitungen
- Lange Str. 25 (oder Gebäude der ehemaligen „PGH Metall“) 1 Querträger, 4 Doppelleitungen
- Schweriner Str. 54 . Trittbrett, Steigestützen, Anker (auf Foto von 1928 und 1994 (Quelle FAB) sichtbar)
- Schlossapotheke Gestänge mit 2 Querträgern, Quelle: Foto Museum der Stadt Güstrow

Der Umbau des Fernamtes Güstrow erfolgte 1929 wegen der zentralen Lage in Mecklenburg und der dadurch in alle Richtungen verlaufenden Fernleitungen. Zu dieser Zeit wurden vermutlich auch die im Fernamt bereits vorhandenen Fernschränke ZB 10 in ZB 10/27 geändert (Zentralbatteriebetriebene Fernschränke, die 1910 bei der Reichspost eingeführt wurden und bei Inbetriebnahme der Wählvermittlungsstelle in Güstrow an die technischen Veränderungen des Wählbetriebes angepasst wurden.) 

In Vorbereitung des Wählbetriebes werden in der Stadt Güstrow umfangreich Fernmeldekabel unterirdisch verlegt. Vom Postamt in Richtung Schnoienbrücke - Eisenbahnstraße bis zur Ecke Paradiesweg, eine weitere in Richtung Markt (Nordseite, weiter Ostseite), die dritte Richtung bis an die Gleviner Str. / Ecke Hollstraße wird eine Kabelkanalanlage verlegt. Eine weitere Kabelkanalanlage verläuft ab Markt durch die Domstraße über den Schlossplatz bis in Höhe des Torhauses vor dem Schloss.


Der Umbau des Fernamtes (1929) und die Errichtung der Wählvermittlungsstelle für den automatischen Ortsverkehr (11.01.1930) erfolgten nach umfangreichen baulichen Maßnahmen mit technischen Einrichtungen der Berliner Firmen „Autofabag“ und „Zwietusch & Co“.
Der Erstausbau erfolgte mit 800 Anschlussmöglichkeiten des Systems 27.
Die Umschaltung der OB-Anschlüsse auf die Wählvermittlungsstelle erfolgte über einen längeren Zeitraum. Zeitweilig waren 3-stellige OB- Anschlüsse und 4-stellige Wählanschlüsse gleichzeitig in Betrieb.

Am 10.03.1930 wird zwischen Telegrafie, Schalteranlage und Briefabfertigung eine Rohrpost-Anlage errichtet, die z. T. bis zur Wende funktionierte und dann als Schaustück in das Postmuseum nach Hamburg gelangte.

1933. Aus der Oberpostdirektion Schwerin (OPD) wurde die Reichspostdirektion Schwerin (RPD).

1935. In Güstrow bestehen 734 Hauptanschlüsse., eine Telegrafenleitung nach Berlin, 39 Fernsprechfernleitungen, darunter eine nach Berlin, zwei nach Hamburg, sieben nach Rostock. Zwischen Güstrow und Rostock bestehen zunächst je eine Fernwahlverbindung je Richtung.

1936. Aufhebung des Klopfersystems in Güstrow und Einrichtung des Telegrafenbetriebes mit einem Springschreiber und Erweiterung der Ortsvermittlungsstelle Güstrow um 300 Anrufeinheiten.

Güstrow blieb während de 2. Weltkrieges bis auf einen Bombenangriff unbeschädigt.
Am 07.04.1945 führte die 3. Luftdivision der 7. US-Air Force auf das Heereszeugamt in Primerburg einen Luftangriff durch. Das Heereszeugamt, die Bahnlinien und die an der Bahnlinie verlaufenden Fernsprechleitungen nach Plaaz und in die Richtungen Teterow und Krakow wurden dabei zerstört.

01.05.1945. Frau Dorothea Fillbrandt (Jahrgang 1925) schilderte in einem Gespräch am 18.02.2003 die Situation, die sie als Telefonistin Ende April Anfang Mai im Fernamt erlebte. Ihre Eindrücke werden hier wiedergegeben.
- " Im Laufe des Monats April dramatisierte sich die Lage auch im Fernamt Güstrow. Von einem Tag auf den anderen fehlten Mitarbeiterinnen, die der ständig steigenden Anzahl von Flüchtlingstrecks aus dem Osten in Richtung Westen folgten. Besetzungsprobleme an den Fernschränken konnten oftmals vorübergehend mit Fachkräften aus diesen Trecks ausgeglichen werden. Vor der Front geflohene Reichspostangestellte suchten Zuflucht im Postgebäude, und so lagerten und schliefen diese geschundenen und entkräfteten Menschen an allen möglichen freien Stellen im Postamt. Selbst im Fernamt waren Leute untergebracht. In dem kleinen "Erfrischungsraum" (Größe ca. 20 qm) für die Telefonistinnen „wohnte“ über längere Zeit eine ganze Familie. Der Schichtdienst und die bedrängende Lage waren für alle sehr strapaziös. Nervenstärke von allen war gefordert. Neben der Vermittlungstätigkeit hatten die Telefonistinnen, die über Rostock einlaufenden Luftlagemeldungen, differenziert und nach Warnstufen, über einen besonderen Vermittlungsschrank an die wichtigsten Dienststellen in der Stadt Güstrow (etwa 10 Stellen), wie Stadtverwaltung, Fliegerhorst, Heereszeugamt, Krankenhaus, Gaswerk u.a. weiter zu leiten. Bei Direktanflügen alliierter Fliegerverbände hatten wir eine vorbereitete Fernleitung - wohl zwischen Kreisleitung und Gauleitung in Schwerin zu schalten.
(Anmerkung der Chronisten : Güstrow wurde währen der 5 ½ jährigen Dauer des Krieges 325 mal von englischen und amerikanischen Flugzeuggeschwadern überflogen. 352 mal hat es in der Stadt Fliegeralarm gegeben.)

(Fortsetzung der Ausführungen von Frau Fillbrandt)


Als ich am 01.Mai 1945 den Nachtdienst beendete, hatte sich zuvor gerade das handvermittelnde Amt Lalendorf abgemeldet und den Betrieb eingestellt, da die "Rote Armee" im Begriff war, den Ort einzunehmen. Der Anmarschweg der "Roten Armee"  konnte anhand des Ausfalls unserer Fernleitungen in Richtung Neubrandenburg, Malchin, Teterow und Lalendorf verfolgt werden. Im Postamt selbst waren viele Wehrmachtsoffiziere untergebracht. Es war anzunehmen, dass die Wehrmacht in den letzten Wochen das Kommando übernommen hatte. Bei einem Rückruf am 02.Mai von zu Hause aus zum Fernamt erfuhr ich, dass die Vermittlung von Ferngesprächen bereits von Soldaten der Wehrmacht übernommen worden war."

Über den 02.05.1945 berichtete uns eine weitere Zeitzeugin, die damalige Telefonistin Frau Lisa Kühl, in einem Gespräch am 25.02.03 : 


"Am 02. Mai 1945 gegen 11.00 Uhr hat die Wehrmacht die Fernplätze besetzt. Als ich gegen 14.00 Uhr das Postamt verließ, flüchtete bereits deutsches Militär durch die Stadt."
Weiter führte Frau Dorothea Fillbrandt aus: "Am späten Nachmittag des 02. Mai 1945 wurde die Stadt kampflos von der "Roten Armee" eingenommen. Da wir nun keinen Zutritt zum Amt hatten, kann ich über die Zeit nach dem 02.Mai 1945 keine Angaben machen. Weisungsgemäß führten wir über das Arbeitsamt angeordnete Aufräum- und Reinigungsarbeiten in der Stadt und in bestimmten Objekten aus. Etwa ab November 1945 konnte ich meine Tätigkeit im Fernamt wieder aufnehmen. Es war eine beklemmende Situation. Nur wenige Fernleitungen standen uns zur Verfügung. Zwischenzeitlich war im Fernamt ein besonderer Klappenschrank montiert worden, der mit wichtigen Anschlüssen der Besatzungsmacht und wohl auch mit Anschlüssen deutscher Dienststellen beschaltet war. Die manuelle Vermittlung erfolgte durch russische Soldaten. Später wurde dieser Klappenschrank in den ersten Büroraum links auf gleicher Etage verlegt ( Westaufgang). In der Folgezeit normalisierte sich dann das Leben und somit dann auch unsere Arbeit. Bis 1965 war ich im Fernamt als Aufsicht beschäftig. Danach war ich als Leiterin der Fernsprechanmeldestelle bis zu meinem altersbedingten Ausscheiden im Jahre  1985 tätig." 


Zu dem Geschehen am 02.05.1945 erinnerte sich in einem lange zurückliegenden Gespräch der frühere "Ämterpfleger" Herrn Walter Heuer. Die Amtsbatterie sei von einem Offizier der SS vor deren Abzug aus dem Amt zerstört worden. 

Am 08.05.1945 wurde in Berlin eine bedingungslose Kapitulation duch deutsche Militärs unterschrieben. Damit war der 2. Weltkrieg in Europa zu Ende.

Das Postamt wird Sitz eines sowjetischen Postkommandanten, der zuständig für die Kreise Rostock, Neubrandenburg, Stralsund und Neustrelitz war. Er entschied auch die Genehmigung bzw. die Wiedereinrichtung von Fernsprechanschlüssen für die Besatzungsmacht, Behörden und für Privatpersonen.
Fernsprechapparate aus Privathaushalten mussten an die Behörden abgegeben werden. Eine Sammelstelle befand sich im Rathaus.

27.07.1946. Befehl Nr. 17 der Sowjetischen Militäradministration für Deutschland (SMAD): Bildung der Zentralverwaltung für Post- und Fernmeldewesen in Berlin.


Mit Befehl Nr. 2 vom 01.08.1945 wendet sich die SMA für Mecklenburg und Vorpommern in Sachen Organisation des Telegrafen- und Fernsprechverkehrs sowie der Wiederaufnahme des Briefverkehrs an den Präsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommerns. Laut Befehl war der Nachrichtenbetrieb in kürzester Zeit so zu organisieren, dass in jedem Kreiszentrum auf 200 Einwohner ein Telefon zur Verfügung stehen sollte. Die Leitung und Kontrollen des Post- und Fernmeldewesens oblag dem Sektor Verbindungswesen der SMAD.


In Schwerin wird nun an Stelle der Reichspostdirektion (RPD) die "Post- und Telegrafenverwaltung Mecklenburg-Vorpommern" (PTV) errichtet, die zunächst der Landesverwaltung in Schwerin unterstellt wurde. (Die Reichspostdirektion hatte dem Namen nach noch bis zu diesem Zeitpunkt weiter bestanden).


Am 08.09.1945 nimmt die Zentralverwaltung für das Post- und Fernmeldewesen ihre Arbeit in Berlin auf. Damit erfolgte die Gründung der "Deutschen Post" in der SBZ.


15.09.1945. Die Post in der SBZ erhält als Kennzeichen ein Posthorn (Postwesen) mit 4 Blitzen (Fernmeldewesen) und die offizielle Bezeichnung "Deutsche Post". Unter der Bezeichnung Deutsche Post sind sowohl das Postwesen als auch das Fernmeldewesen zu verstehen. Fahrzeuge der Briefpost und die Briefkästen erhalten nach und nach einen gelben Anstrich, die Fahrzeuge des Fernsprechwesens einen in Postgrau.


20.09.1945. Die Post- und Telegrafenverwaltung (PTV) nahm in Vorbereitung der zum 01.10. 1945 erneut wechselnden Unterstellung wieder die Bezeichnung "OPD" an.

Die Zentralverwaltung für das Post- und Fernmeldewesen war am 27.07.1945 in Berlin eingesetzt worden. 


1947 erfolgte die Auflösung der Postkommandantur in Güstrow. Der Fernmeldebereich Güstrow untersteht nun dem Postkommandanten in Schwerin.


08.04.1948 erfolgt die Umbenennung der "Zentralverwaltung für das Post- und Fernmeldewesen" in "Deutsche Wirtschaftskommission, Hauptverwaltung Post- und Fernmeldewesen"  (HVPF).


01.05.1948. Abschluss der Entnazifizierung bei der Deutschen Post.

Januar 1949. Die OPD errichtet eine Ausbildungsstelle für Lehrlinge des
Fernmeldewesens in Schwerin.

07.10.1949. Gründung der DDR. Minister für Post- und Fernmeldewesen wird der 61-jährige gebürtige Wittenberger und ehemalige Stellvertreter des Leiters der OPD Schwerin, Friedrich Burmeister.


01.10.1950. Das Post- und Fernmeldewesen wird voneinander getrennt. In Güstrow entstehen ein Hauptpostamt und zunächst eine Fernmeldeabteilung unter Leitung des Güstrowers Robert Schönfeldt. Die Telegrafenbauämter werden aufgelöst und ihre Befugnisse und Zuständigkeiten auf die neugebildeten Fernmeldeämter bzw. Fernmeldeabteilungen übertragen.

01.09.1951. Die Fernmeldeabteilung in Güstrow wird in das Fernmeldeamt Güstrow umgewandelt. Betriebsleiter wird Herr Robert Schönfeldt
Der Fernmeldeamtsbereich Güstrow umfasst die Kreise Güstrow, Bützow, Gnoien und Malchin, mit den Anschlussbereichen Bützow (VSt W), Baumgarten (VSt Hand), Bernitt (VSt Hand), Tarnow (VSt Hand), Schwaan (VSt W), Laage (VSt W), Krakow (VSt W), Langhagen (VSt W), Zehna (VSt Hand), Plaaz (VSt Hand), Mistorf (VSt Hand), Lalendorf (VSt Hand), Kritzkow (VSt Hand) und Hoppenrade (VSt Hand).
Außerdem gehören zum FMA Güstrow die Ortsnetze Groß Roge (Vst Hand), Neukrug (Vst Hand), Grammentin (Vst Hand), Stavenhagen (VSt W), Dargun (VSt W), Gielow (VSt W), Teterow (VSt W), Schwinkendorf (Vst Hand), Bergfeld (Vst Hand), Jördenstorf (Vst Hand), Thürkow (Vst Hand), Neukalen (Vst Hand), Faulenrost (Vst Hand), Altkalen (Vst Hand) und Behren- Lübchin (Vst Hand).
Weiterhin gehörten die Überweisungsfernämter Malchin mit (VSt W) und Gnoien mit (VSt W) zum Fernmeldeamt Güstrow.

17.12.1951 erfolgt die Umwandlung der Ämter der Deutschen Post in wirtschaftlich selbständige Betriebe.

15.09.1952, Herr Kurt Walter wird Betriebsleiter des Fernmeldeamtes Güstrow. Kurt Walter wurde durch die Kriegswirren von Niederschlesien (Liegnitz) nach Güstrow verschlagen. In seiner Heimat war er Werkmeister (Ämterpfleger). Kurt Walter war bis zum 30.06.1972 Leiter des Fernmeldeamtes Güstrow.

1952. Im Bereich Güstrow gibt 1192 Hauptanschlüsse und in den Bereichen Malchin und Gnoien 4162 Hauptanschlüsse.

 Außerdem folgende Verbindungen :
-1 Springschreiberleitung nach Schwerin und 78 Fernsprechfernleitungen  zum Fernamt Güstrow, darunter
- 1 Fernwalleitung ankommend von Schwerin, Rostock oder Wismar,
- 2 nach Parchim,
- 1 nach Plau,
- 2 nach Waren,
- 2 nach Neubrandenburg,
- 1 nach Malchin,
- 5 nach Rostock (3 ankommende, 2 abgehende Verbindungen),
- 1 nach Groß Roge,
- 3 nach Langhagen,( 2 ankommende, 1 abgehende),
- 1 nach Plaaz,
- 1 nach Kritzkow,
- 4 nach Schwaan,( 2 ankommende , 2 abgehende Leitungen),
- 3 nach Zehna,
- 1 nach Hoppenrade,
- 2 nach Baumgarten,
- 2 nach Bernitt,
- 2 nach Laage ( 1 ankommend, 1 abgehend geschaltet),
- 2 nach Lalendorf,
- 6 nach Krakow (3 ankommende und 3 abgehende Verbindungen),
- 4 nach Teterow (2 ankommende und 2 abgehende Leitungen),
- 2 Leitungen nach Dobbertin (1 ankommend und 2 abgehend geschaltet),
- 1 Leitung nach Neukloster,
- 2 nach Warnow und Tarnow,
- 2 nach Goldberg,(1 ankommend, 1 abgehend),
- 4 nach Sternberg (2 ankommend, 2 abgehend)
- 2 nach Mistorf,
- 7 nach Bützow (3 ankommend, 4 abgehend)
- 2 nach Neukrug

01.10.1952. 267 Arbeiter und Angestellte (einschließlich der Bereiche Gnoien und Malchin) sind beim FMA beschäftigt.
Die Verwaltungsreform und die damit verbundene Bildung der Bezirke zwingt die Deutsche Post, sich neuen Bezirks- und Kreisgrenzen anzupassen.

01.01.1953. Bildung der Bezirksdirektionen für Post- und Fernmeldewesen (BPF) Schwerin, Rostock und Neubrandenburg aus dem bisherigen OPD-Bereich Schwerin, infolge der Bildung der Bezirke mit erheblichen politischen und wirtschaftlichen Veränderungen. Das Fernmeldewesen hatte sich den neuen territorialen Strukturen anzupassen. Das betraf im  FMA-Bereich Güstrow die beiden Anschlussbereiche mit Handvermittlungen in Göllin und Jürgenshagen, die politisch und fernmeldetechnisch bislang nicht zu Güstrow gehörten.
Die Postämter und Fernmeldeämter wurden den Volkseigenen Betrieben (VEB) gleichgestellt.

Januar 1953. Das Lehrkombinat der Deutschen Post wird dem Fernmeldeamt in Schwerin angegliedert. Das Lehrkombinat gewährleistet die Ausbildung von Fachpersonal für die Fernmeldeämter der drei Nordbezirke Schwerin, Rostock und Neubrandenburg.
Ausgebildet wurden Betriebsfernmelderinnen, Fernmeldebaumonteure und ab 1955 auch Fernmeldemechaniker. Je Ausbildungsberuf wurden anfangs ca. 20 bis 25 Lehrlinge für die Ämter der 3 Nordbezirke ausgebildet. Die Auswahl und Einstellung der Lehrlinge erfolgte durch die Ämter vor Ort.
 
01.01.1953. Umbildung des Fernmeldeamtes Güstrow. Zum Bereich des Fernmeldeamtes gehören nun die Kreise Güstrow, Bützow, Sternberg und Lübz. später kommen Göllin (VSt Hand) und Jürgenshagen (VSt Hand) in die Zuständigkeit des FMA Güstrow. Die Kreise Gnoien und Malchin werden in den Bezirk Neubrandenburg eingeordnet. Die Ortsnetze Groß Roge, Neukrug, Grammentin, Stavenhagen, Dargun, Gielow, Teterow, Schwinkendorf, Bargfeld, Jördenstorf, Thürkow, Neukalen, Faulenrost, Altkalen, Behren-Lübchin, sowie die ON Gnoien und Malchin mit den Überweisungsfernämtern werden aus dem FMA-Bereich Güstrow ausgegliedert.
Mit den organisatorischen Veränderungen werden sowohl die technischen Einrichtungen als auch das Personal der Handvermittlungsstellen des Hauptpostamtes Güstrow durch das Fernmeldeamt Güstrow übernommen.
In Güstrow bestehen 734 Hauptanschlüsse., eine Telegrafenleitung nach Berlin, 39 Fernsprechfernleitungen, darunter eine nach Berlin, zwei nach Hamburg, sieben nach Rostock. Zwischen Güstrow und Rostock bestehen zunächst je eine Fernwahlverbindung je Richtung.

Ab dem 01.04.1953 erscheint das "Verfügungs- und Mitteilungsblatt des MPF"

(VMBl.) unter Wegfall des bisherigen "Amtsblattes". 

01.09.1953 wird die Ingenieurschule für Post- und Fernmeldewesen Berlin gegründet

(später nach Leipzig verlegt).

22.11.1953. Anordnung über die Errichtung von Betriebsarchiven in der Wirtschaft usw.


01.01.1958. Die seit dem 01.01.1953 zum Fernmeldeamt gehörenden Handvermittlungsstellen Plaaz, Hoppenrade, Kritzkow, Mistorf, Warnow, Baumgarten, Gallin und Karbow werden mit 39 Beschäftigten personell dem

Hauptpostamt Güstrow unterstellt. Das Personal der Handvermittlungsstellen Borkow, Witzin und Warin gehört ab dann zum Hauptpostamt Schwerin. Die technische Ausstattung und Wartung verbleibt beim FMA Güstrow.

01.01.1959. Die Belegschaftsstärke beträgt 155 Beschäftigte.

- Die Deutsche Post übernimmt die Nebenstellenanlagen der Firma Mix und Genest in die Wartung. Die Firma wurde aufgelöst. Die ehemaligen Mitarbeiter der Firma wurden von der Deutschen Post übernommen. In Güstrow betraf dies eine Mitarbeiterin und einen Mitarbeiter.

01.07.1959. Das Fernmeldebauamt wird als zentrale Einrichtung für den Bezirk in

Schwerin gebildet. Damit werden die Fernmeldebaubrigaden (Bautrupps) aus dem Bestand der FMÄ ausgegliedert. Dem Fernmeldebauamt oblag es, Investitionen und Reparaturen an technischen Anlagen und in den Netzen auszuführen. Bei den Fernmeldeämtern wurden nun ausschließlich die Aufgaben des Betriebsdienstes und die Durchführung der Pflege und Wartung der technischen Einrichtungen sowie der Sprechstellenbau ausgeführt.

01.08.1959. Das Gesetz über das Post- und Fernmeldewesen (PFG) sowie 16 Anordnungen dazu treten in Kraft.


12.01.1960. Inbetriebnahme des ersten Typenhauses im Fernmeldeamtsbereich Güstrow mit Wählvermittlungsstelle in Baumgarten (System 50/klein) durch Umsetzung der freigeschalteten Vermittlungsstelle vom Standort "Gaststätte" Bernitt. Damit Ersatz der bisherigen Handvermittlungsstelle in Baumgarten. Abstützung der Vermittlungsstelle auf das Fernamt in Güstrow. 


13.10.1960. Verordnung über die Rechte und Pflichten der Mitarbeiter der Deutsche Post (Postdienstverordnung-PDVO) eingeführt.

22.10.1960. Amt für Materialwirtschaft wird in Berlin gegründet (AfM).
08.11.1960. Die Anordnung über Verfahrensordnung (VfO), Dienstrangordnung (DRO), Uniformordnung (UfO), Treuedienstordnung (TDO) und Versorgungsordnung (VSO) werden in Kraft gesetzt.

19.03.1961. Der „Allgemeiner Telegrafenwählbetrieb" (TGX) wurde bei der Deutschen Post eingeführt. Die Endtelegrafenstelle Güstrow wird auf Wählbetrieb umgestellt. Die Fernschreibverbindungen werden über die vorhandene Telex – Wählvermittlungsstelle und über die ebenfalls vorhandene Fernschreibübertragungstechnik hergestellt. Als Endeinrichtung werden die gleichen technischen Einrichtungen (Blattschreiber und Fernschaltgeräte für den Verbindungsaufbau über Wählleitungen) wie im öffentlichen Telex-Verkehr eingesetzt.


12. 04.1961. Das Gesetzbuch der Arbeit der DDR tritt in Kraft.


12.031962. Als Übergangsphase zum Selbstwählferndienst (SWFD) mit vereinfachter Technik (Baustufe I), wird der zettellose, handbediente Fernverkehr im Bereich des Überweisungsfernamtes Güstrow mit den Anschlussbereichen Güstrow, Laage und Lalendorf von 4 Fernschränken (nach Einbau von Einrichtungen für die automatische Zählung (ZhÜ) in den Leitungen) eingeführt. 


30.08.1962. Einschaltung der Knotenvermittlungsstelle in einem Neubau/Anbau Bützow mit zwei verschiedenen Motorwählersystemen.

Es werden die Systeme MoW 56 und MoW 58 eingesetzt. Beginn der Automatisierung des Fernsprechverkehrs im Kreis Bützow mit den Endvermittlungsstellen Bützow, Baumgarten, Bernitt, Tarnow und Schwaan.
Damit erfolgt eine weitere Einsparung von 3 Arbeitskräften im Fernamt. Alle freigesetzten Mitarbeiterinnen (bisher 15 Mitarbeiterinnen) wurden in der Regel im Technischen Dienst oder im Postdienst weiterhin bei der Deutschen Post beschäftigt. Es wurden geeignete und interessierte Mitarbeiterinnen zu Betriebsfernmelderinnen oder Mechanikerinnen im Rahmen der Erwachsenbildung qualifiziert.

01.07.1963. Bildung der Bezirksdirektionen der Deutschen Post (BDP) in Schwerin, Rostock und Neubrandenburg. (Insgesamt 15 Bezirke und Berlin)


01.07.1963. Die Endtelegrafenstelle in Güstrow wird durch das Hauptpostamt Güstrow übernommen, gleichzeitig gehören auch die sieben Beschäftigten zum Hauptpostamt. Die technische Betreuung verbleibt beim FMA Güstrow.

01.10.1963. FMA Bereich mit den Kreisen Bützow und Güstrow sind 123 Belegschaftsangehörige tätig.

01.01.1964. Umstellung des Fernmelderechnungsdienstes (FRD) auf 2-monatliche Gebühreneinziehung.


22.02.1964. Umstellung der I. GW auf Schleifenzählung und Austausch der Zählumsetzer zur Vorbereitung der Zählung währen des Gesprächs.


19.03.1964. Verordnung über das Statut des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen (MPF).


01.07.1964. Umbenennung der Bezirksdirektionen für Post- und Fernmeldewesen (BPF) in Bezirkdirektionen der Deutschen Post (BDP) in den Bezirken Schwerin, Rostock und Neubrandenburg. Einführung einer neuen Ordnung über die Aufgaben und Arbeitsweise der Bezirksdirektionen der DP.


01.10.1964. Einführung der Postleitzahlen in der DDR.


01.11. 1964
. In der Nacht kam es zu einem folgenschweren Eisenbahnunglück bei Langhagen im Kreis Güstrow. (39 Tote über 100 Verletzte).

Die Telefonistin Frau Frida Krohn hatte eine umsichtigen Arbeit während des Nachtdienstes als Telefonistin im Fernamt Güstrow geleistet und wurde später für ihre umsichtige Handlungsweise im Auftrage des Vorsitzenden des Rates des Kreises geehrt.

02.11.1964. Die DDR- Rentner können jährliche eine Besuchsreise in die BRD unternehmen, bei Todesfällen und Erkrankungen eines Verwandten kann eine weitere Reise genehmigt werden.


25.11.1964. Endvermittlungsstelle Kritzkow mit 120 Anrufeinheiten, davon

40 Gemeinschaftsvorwählern, einschließlich der Teilvermittlungsstelle Hohen-Sprenz (Relaiszentrale 57 in der Poststelle) in Betrieb genommen. Es erfolgte die Aufnahme des SWFD zur Knotenvermittlungsstelle Güstrow.
Das Ortsnetz Kritzkow wurde als letzter Handvermittlungsstellenbereich im FMA-Bereich auf Wählbetrieb umgestellt.

Weihnachten 1964. 100000 Westberliner können auf Grund eines Passierscheinabkommens ihre Verwandten in "Berlin - Hauptstadt der DDR" besuchen. Die Aushändigung von Passierscheinen erfolgte durch Mitarbeiter der Deutsche Post in Westberlin.


21.02.1967. Aufnahme des abgehenden Selbstwählfernverkehrs zwischen der KVSt Güstrow und den benachbarten Knotenvermittlungsstellen Sternberg und Teterow.

27.10.1967. Aufschaltung des ankommenden Verkehrs aus der

Knotenvermittlungsstelle Sternberg auf die Knotenvermittlungsstelle Güstrow.
Februar 1968. Einbau von Signalisierungseinrichtungen für die zentrale Fernauslösung von Sirenen in Güstrow, Laage, Hoppenrade, Plaaz, Kritzkow und Mistorf (Werkstattanfertigung als Übergangslösung für eine spätere industrielle Lösung).

23.04.1969. Inbetriebnahme einer moderneren Telegramm-Aufnahme mit 3 Abfrageeinrichtungen und 3 Aufnahmetischen (Dachgeschoss Postamt).


06.05.1971. Baubeginn am neuen Fernmeldegebäude in der Neukruger Str. 7.


25.05.1971. Inbetriebnahme des Selbstwählfernverkehrs in die Richtungen Schwerin ( HS 06) und Rostock (HS 03) in den verkehrsschwachen Zeiten (SWFV (b)), (werktags ab 17.00 Uhr bis 06.00 Uhr des folgenden Werktages sowie ganztags an den Wochenenden).


01.07.191 Strukturänderungen bei der Deutschen Post. Im BDP Bereich entstehen die folgenden Ämter:
        FMA Schwerin (LtrA, Herr Heinrich Münchow), mit Fernmeldedienststellen in Gadebusch und Sternberg.
        HPA Schwerin, (LtrA, Herr Willy Bergmann),
        PFA Güstrow, (LtrA, Herr Peter Saß), mit Fernmeldedienststelle Bützow,
        PFA Hagenow, (LtrA, Herr Ullrich Hansen), mit Fernmeldedienststelle Boizenburg,
        PFA Ludwigslust (LtrA, Herr Helmut Thiel), mit Fernmeldedienststellen Parchim und Lübz. 
        PFA Perleberg (LtrA, Frau Eretge)
                   
Aus dem bisherigen Abteilungsbereichen "Technik" der FMÄ werden die Abteilungen "Technischer Dienst" und "Verkehr und Netze" der PFÄ gebildet.

22.bis 26.06.1972. Der Leiters des Amtes mit seinen Abteilungen und der Stellvertreterbereiches Fernmeldewesen ziehen in das neue Gebäude Straße der Befreiung 7. (heute Neukruger Str. 7. -später wird unter den 
meisten Mitarbeitern immer vom "Weißen Haus" gesprochen.)

26.08.1972 Inbetriebnahme der Vermittlungsstelle Schwaan, System 64

(Erste EVSt mit Koordinatenschaltern) mit 500 Anschlussmöglichkeiten. Das Anrufen der Fernsprechteilnehmer nach der Umschaltung zu Prüfzwecken war von vielen Teilnehmern wegen der gleichzeitig im Fernsehen laufenden Eröffnungsfeier zu den Olympischen Spielen 1972 in München vielfach als unangenehme Störung empfunden worden.
Nach Ausschaltung der VSt  System 22 wurden fast alle Schaltwerke (Dreieckwähler und Drehwähler) zur Ersatzteilgewinnung für die VSt 22 in Wismar bereitgestellt.

01.06.1974. Umwandlung des Fernamtes in ein Tagesfernamt. Das Tagesfernamt Güstrow arbeitet mit einer Dienstzeit von 06.00 bis 22.00 Uhr, danach werden die Leitungen für den Weitverkehr in Schwerin oder Rostock abgefragt.


28.01.1974. Inbetriebnahme einer Rauchbrandwarnanlage in der Endvermittlungsstelle Pferdemarkt 56 in Vorbereitung der Aufhebung des dortigen Schichtdienstes.


06.11.1974. Anschaltung der Knotenvermittlungsstelle Bützow an die H
auptvermittlungsstelle Schwerin.
01.01.1975. Aufnahme des Schichtdienstes in der Fernsprechübertragungsstelle Bützow.

Februar 1975. Inbetriebnahme einer modernen Gleichrichteranlage (60V- ) mit Staffelschaltung in der Neukruger Str. 7. für die KVSt Güstrow.


1975. Der 2. Sonntag im Februar wird zum "Ehrentag der Beschäftigten des Post-

und Fernmeldewesens" erklärt und künftig mit festlichen Veranstaltungen begangen. An diesem Tag werden die Beförderung und Auszeichnung verdienstvoller Postler vorgenommen.
Traditionell findet die Festveranstaltung mit örtlichen Persönlichkeiten und Mitarbeitern im Festsaal des Schlosses statt.
Bei den Veranstaltungen tritt stets der Chor des Post- und Fernmeldeamtes auf.
Der Februar war auch der Monat an dem die "Jahresendprämie" (JEP) zur Auszahlung kam. Die Jahresendprämie wurde nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten für die Planerfüllung an jeden einzelnen nach vorheriger "kollektiver Beratung" (Dienststellenleiter, Vertrauensmann) ausgezahlt. Die Höhe der Prämien wird in Abhängigkeit von der Erfüllung der betrieblichen "Planaufgaben" berechnet, sie entspricht etwa der Höhe eines monatlichen Nettogehaltes. Die Auszahlung der "JEP" ist auch stets ein Anlass an die "Internationale Solidarität" zu erinnern. Traditionell wird ein Beitrag von um 1 % der "JEP" für den Solidaritätsfond des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) gespendet. Die "JEP" wird in der gesamten Wirtschaft gezahlt.

18.06.1975. Inbetriebnahme einer Gleichrichteranlage (60 V+) für

Wechselstromtelegrafie und Telex-VSt (TW- 55).

10.09.1975
- 22.00 Uhr, Außerbetriebnahme des Fernamtes Güstrow (System ZB 10/27). Nach 84 Jahren wird der handvermittelte Fernsprechverkehr in Güstrow eingestellt. Die Telefonistin, Frau Frieda Krohn, stellte die letzte Verbindung zum Stellvertreter des Leiters der BDP, Herrn Strauß, her, bei dem die Dienststellenleiterin, Frau Marianne Meyer, das Fernamt Güstrow abmeldete.

Mit der Außerbetriebnahme des Fernamtes am 10.09.1975 endete nach 121 Jahren die manuell ausgeführte Vermittlungstätigkeit von Fernmeldeleitungen, die mit der Zusammenschaltung von Telegrafenleitungen am 01.10.1854 in Güstrow ihren Anfang nahm. 

 

Mit der Erteilung der Baugenehmigung 1972 für eine moderne Knotenvermittlungsstelle in der Neukruger Str. 7 und der Errichtung einer Vermittlungsstelle in der Südstadt im Rahmen des Komplexen Wohnungsbaus wurde bis zur Wende die Einrichtung von ca. 6000 Fernsprechanschlüssen in der Stadt Güstrow erreicht.

Die Durchführung umfangreichen Baumaßnahmen zur vollständigen Erneuerung und umfassenden Erweiterung des unterirdischen Fernmeldenetzes und der Errichtung neuer digitaler Vermittlungsstellen nach der Wende ermöglichte in Güstrow die Herstellung von ca. 22000 modernen Telefonanschlüssen bis 2003.

Von einst 110 Beschäftigten im Fernmeldewesen ist heute (2003) keiner ausschließlich mehr mit Aufgaben nur für Güstrow tätig. Etwa 20 Mitarbeiter aus der Region Güstrow sind heute landesweit im Einsatz, sie werden von zentralen Leitstellen mit modernsten Informationssystemen geführt. In der Region Güstrow (ehemals die Kreise Güstrow und Bützow) gibt es heute über 50000 Telefonanschlüsse verschiedener Anbieter.