11.6. Die Feuerwehren von 1938 bis 1945

Kamerad Horst Lohf, 1993 (3),
überarbeitet und ergänzt Dieter Kölpien & Gernot Moeller, 2008
Am 23. November 1938 unterstellte das für das gesamte Reich gültige "Gesetz über das Feuerlöschwesen" (18) die Feuerwehren als technische Polizeitruppe der Zuständigkeit des Reichsministers des Innern. Damit unterstanden sie der Befehlsgewalt des Reichsführers der SS und des Chefs der deutschen Polizei Himmler. Mit diesem Datum begann die Auflösung des Deutschen Feuerwehrverbandes durch die Nationalsozialisten im ganzen Reich. Mit dem Gesetz von 1938 wurden die Berufswehren zur Feuerschutzpolizei und nur die zuvor anerkannten Freiwilligen Feuerwehren als Feuerlöschpolizei Teil der Polizei- bzw. der Hilfspolizeitruppe. Die nicht durch staatlichen Entscheid anerkannten Freiwilligen Feuerwehren blieben außerhalb der Zuständigkeit des Reichsministeriums des Innern bestehen. Obwohl die Güstrower Freiwillige Feuerwehr die staatliche Anerkennung durch das Reichsministerium des Innern 1936 erhielt, wurde nur der Gerätewart Willert hauptamtlich bei der Stadt angestellt und zum Wehrführer der Güstrower FF bestimmt. Eine Berufswehr als Löschpolizei existierte in Güstrow nicht. Die Freiwillige Feuerwehr unterstand nun als Feuerlöschpolizei nun nur den Polizeibefehlen und wurde in Erweiterung bisheriger Brandschutz- und Löschaufgaben mit den Aufgaben des Luftschutzes beauftragt. Anderswo bestehende Berufsfeuerwehren wurden offiziell in Feuerschutzpolizei umbenannt. Die anerkannten Freiwilligen Feuerwehren erhielten den Status einer Hilfstruppe der Feuerschutzpolizei. "Der freiwillige Dienst in dieser Hilfs-Polizeitruppe ist ein ehrenvoller, opferbereiter Einsatz für die deutsche Volksgemeinschaft", hieß es zu Beginn des zweiten Abschnittes (18). Die auf Freiwilligkeit und nach unterschiedlichen Statuten organisierten Feuerwehrverbände wurden durch dieses Unterstellungsverhältnis faktisch unwirksam gemacht. Fortan waren die Feuerwehrfahrzeuge nicht mehr feuerwehrrot, sondern polizeigrün. Die Feuerschutzpolizei bekam grüne Uniformen und wurde Waffenträger. Der Runderlass des Reichsministeriums des Innern (RMdI) vom 27. Dezember 1939, regelte die Dienstgradbezeichnungen und Dienstgradabzeichen der Freiwilligen Feuerwehren. Die Dienstränge der FF ab 1939 lauteten: Anwärter, Truppmann, Obertruppmann, Haupttruppmann, Truppführer, Obertruppführer, Haupttruppführer, Zugführer, Oberzugführer, Hauptzugführer, Kreisführer, Bezirksführer, Abschnittsinspekteur. Die verwendeten Schulterstücke entsprachen denen der Polizei, waren jedoch karmesinrot unterlegt. Im Gegensatz zur Polizei bzw. zur Feuerschutzpolizei erfolgte die Bezeichnung der Dienstgrade nach Funktionsgesichtspunkten. Es war bisher die Regel, dass die Stadtbaudirektoren als Brandschutzdirektoren das Weisungsrecht der Kommunen gegenüber den Feuerwehren ausübten und oft auch selbst Wehrführer waren. Da der Güstrower Stadtbaurat jedoch Landesvorstand des Feuerwehrverbandes Mecklenburgs war, wurde wahrscheinlich der Bauinspektor Hennig (sein unmittelbarer nachgeordneter Kommunalbeamter) schließlich Wehrführer in Güstrow. Stadtbaudirektor Hans Richter wurde am 18.02.1887 in Güstrow geboren, am 01.10.1921 wurde er als Stadtbaudirektor auch Branddirektor und am 14.06.1930 Kassierer im Landesfeuerwehrverband. Er war stellvertretender Vorsitzender in der Zeit vom 19.03.1933 bis 24.06.1933. Schließlich Landesführer des Mecklenburgischen Feuerwehr-Verbandes vom 24.06.1933. Seit dem 05.05.1936 Mitglied des Feuerwehbeirates. Er wurde Bezirksführer, Abschnitts-Inspekteur, Landesführer und Oberstleutnant der Reserve. Am 01.02.1934 wurde die Dettmannsdorfer Feuerwehr Bestandteil der Wehr der Stadt Güstrow. Hennig war um 1934 Führer der städtischen Spritzenmeister. Die überlieferte Bezeichnung „Spritzenmeister“ galt für Angehörige der kommunalen Feuerwehr, die meistens auch im städtischen Dienst als Beamte oder Angestellte tätig waren. Nach seiner Beförderung zum Hauptbrandmeister am 25.04.1936, wurde er am gleichen Tag Stellvertreter des Wehrführers Carl Willert. Der Güstrower Wehrführer Carl Willert war schon seit 1933 nach seiner Wahl als Schriftführer in Crivitz im Landesfeuerwehrverband tätig. Nach der Einführung des Führerprinzips erloschen die Funktionen des Landevorsitzenden und des Schriftführers ab 1933 und Carl Willert verblieb trotz einer schweren Krankheit an der Seite des Landesfeuerwehrführers Richter als dessen Berater. Diese Bezeichnung Landesfeuerwehrführer nahm der Landesvorsitzende des Mecklenburgischen Feuerwehrverbandes 1936 bereitwillig an, als der Führerrat des Feuerwehrverbandes dessen Auflösung auf Empfehlung des Preußischen und Reichsinnenminister Frick veranlasste. Der Verband hörte erst mit der Einführung des Feuerlöschgesetzes offiziell auf zu existieren. Am 22.02.39 oder am 22.04.1940 wurde Hennig Wehrführer mit dem Rang Hauptzugführer. Am 01.05.1940 erfolgten Beförderungen zum Kreisführer und Abteilungsführer. Zwischen 1936 und 1938 wurden Strukturänderungen durchgeführt, und Zuständigkeiten neu geregelt die sich auch im Güstrower Adressbuch von 1939 widerspiegeln. Im Güstrower Adressbuch von 1939 lassen sich anhand der Einträge folgende Verantwortlichkeiten erkennen. Verantwortliche im kommunalen Feuerlöschwesen waren - Leiter: Stadtbaurat Hans Richter, (wohnhaft Hansenstr. 7), (Richter war gleichzeitig Stellvertreter des Güstrower Oberbürgermeisters Lemm und Landesführer der Feuerwehr mit Sitz in Güstrow). - Gerätemeister: Stadtbauinspektor Wilhelm Hennig, (wohnhaft Baustr. 3 Stadtbauamt). In der Baustr. 3-5 war seit 1936 das Bauamt der Stadt Güstrow untergebracht. - Anzahl der städtischen Feuermelder: 24 Melder . Als Feuerlöschpolizei war in Güstrow die (Freiwillige Feuerwehr) eingesetzt. - Gliederung: 2 Normalzüge, 4 Halblöschzüge, davon 1 Halblöschzug in Dettmannsdorf - - Führer der Wehr: W. Hennig, - Stellvertreter: M. Lewerenz - Hauptbrandmeister: Kaufmann H. Stölken, - Oberbrandmeister: z. Zt nicht besetzt - Brandmeister: Maschinenarbeiter Ludwig Köhn, Zimmermann Karl Schmalfeld, Gärtnermeister Hans Krüger, Schlossermeister Otto Gielow. - Anzahl der aktiven Mitglieder: 76 Kameraden. - Das „Geschäftszimmer des Landesverbandes der Feuerwehren (MFV), welches sich seit den 1920er Jahren stets in Güstrow und dort zuletzt in der Baustraße 3 befand, wurde zum 23.11.1938 offiziell geschlossen, obwohl es seit der Berufung des Vorsitzenden Hans Richters am 05.05.1936 in den Feuerwehrbeirat faktisch nicht mehr existierte. Die “Mecklenburgische Feuerwehr-Zeitung“ (MFZ), die ihren Verlags- und Druckort ebenfalls in Güstrow hatte, stand unter der verantwortlichen Redaktion und dem Vertrieb von Wilhelm Bever jun., der sowohl als Geschäftsführer der Buchdruckerei Bever & Lange als auch zeitweilig (1928) als Geschäftsführer des MFV tätig war, musste im Dezember 1938 als Organ des LFV das Erscheinen einstellen. In der letzten Ausgabe knappe Ausführungen zum Brand der Güstrower Synagoge. 

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Anmerkung der Autoren:
Dieser nichtssagende Artikel in der Mecklenburgischen Feuerwehr-Zeitung weckte kein erkennbares schlechtes Gewissen, keinen Protest oder Widerspruch bei den Feuerwehrleuten und den Güstrower Einwohnern. Wie überall in Deutschland ging auch hier in Güstrow nach den 09./10.1938 das Leben weiter. Keinerhat bisher die Einzelheiten der Brandstiftung durch die Nazis benennen oder aufklären können. Die geistige Lunte warfen die Nazis schon 1933. Doch das völlige Niederbrennen der Synagoge in der Frühe des 10.11.1938 zwischen 05:10 Uhr und 08:00 Uhr wurde durch die Güstrower Freiwillige Feuerwehr geduldet. Sie hatte als Polizeitruppe den Befehl nicht zu helfen. Die Inhaber der angrenzenden Wohn- und Geschäftsgebäude wurden kurz nach Mitternacht vom bevorstehenden Brand informiert (20). Sie sollten Sicherheitsvorkehrungen treffen. Die Feuerwehr hatte Order, ein Übergreifen des Feuers auf die nebenstehenden Häuser zu verhindern und setzte dabei das Papierlager der Buchdruckerei und des Verlages der Mecklenburgischen Tageszeitung unter Wasser. Der Schaden wurde bezeichnender Weise durch die Stadt Güstrow ersetzt. Die FF sorgte mit 8 Strahlrohren dafür, dass das Feuer „eingekreist“ wurde, sich nicht ausbreiten aber die Synagoge völlig vernichten konnte. Das Büro des ersten Feuerwehrmannes Mecklenburgs, des Landesführers der Mecklenburgischen Feuerwehr, in der Baustraße 3, befand sich keine 200 m Luftlinie von diesem Ort des Verbrechens entfernt. Gleichzeitig gab es weitere Brandstiftung an der Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof und an einem jüdischen Geschäftshaus in der Baustraße. Am 24.04.1938 gehörten der jüdischen mecklenburgischen Landesgemeinde 44 Güstrower Juden an. Am 10.07.1942 wurden die letzten Juden aus Güstrow in Vernichtungslager abtransportiert. Am 27.01.1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Seit dem 27.01.2003 wird in Deutschland nach einer Erklärung des Bundespräsidenten Roman Herzog an die Opfern des Nationalsozialismus mit einem „Tag des Gedenkens“ erinnert. In der Pflasterung des Gehweges vor der ehemaligen Synagoge der Güstrower Juden steht nun seit dem 18.08.2006 zur Erinnerung und Mahnung geschrieben:

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